Bullishe Signale in Türkis-Grün

Die Kapitalmarktvorhaben des Regierungsprogramms wecken Hoffnungen.

Manfred Kainz. Ist es ein Schritt weiter oder eine Schwerpunktverschiebung? Wenn man es wohlwollend sehen will, wohl beides: Hieß ein Kapitel im alten ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm noch „Kapitalmarkt stärken“, so heißt das entsprechende Kapitel im frischen türkis-grünen Regierungsprogramm nun: „Teilhabe am Kapitalmarkt stärken“. Wenn man die zwei Arbeitsprogramme weiter vergleicht, so fallen ein paar Unterschiede auf: Freuen wird es jene, die es immer wieder vorgeschlagen haben (wie der IVA und das Aktienforum) – und vor allen die Anleger: Nämlich die „Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapitalertragssteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten“, die sich die neue Koalition vorgenommen hat. So explizit war das unter türkis-blau nicht vorgesehen gewesen.

Dafür finden sich so manche Vorhaben des alten Regierungsprogramms aktuell nicht mehr wieder. Etwa die „Besetzung eines Kapitalmarktbeauftragten“ und eine „Reform der Finanzmarktaufsicht“.

Gerade letztere war ja mit Regierungs- und Parlamentsvorlagen unter VP-FP schon ziemlich weit gediehen. Auch Übergangsfinanzminister Eduard Müller ging noch davon aus, dass die Finanzmarktteilnehmer eine zweckorientierte Organisation des Systems der Aufsichtsbehörden, Beseitigung von Doppelgleisigkeiten, eine weitestmögliche Nutzung von Synergieeffekten und eine klare Behördenverantwortlichkeit erwarten.

Der breite Wunsch nach Entbürokratisierung soll aber auch im Kapitalmarktbereich umgesetzt werden: So sollen Finanz- und Justizministerium gemeinsam mit den Aufsichtsbehörden nun regelmäßig eine mögliche Übererfüllung von EU-Richtlinien für den Kapitalmarkt (Gold-Plating) „evaluieren“. Das setzt das türkis-blaue „Regulierung abbauen und auf EU-Standard zurückführen“ fort. Und hieß es im VP-FP-Programm noch, „die Regulierung des österreichischen Kapitalmarktes soll praxisnah und effizient gestaltet, daraus resultierende Kosten und Bürokratie für Unternehmen sollen reduziert werden, z.B. mit Erleichterungen im Prospektrecht für KMU“, so setzt die neue Regierung auf „laufenden Dialog mit der Wiener Börse zum Abbau unnötiger Bürokratie bei Börsegängen in Österreich, besonders auch für KMU“. Und als Erleichterung bei der Prospektpflicht kann sich Türkis-Grün nun konkret eine Ausdehnung der jetzigen Grenze von bis zu 5 MioE für die „vereinfachte Prospektpflicht“ im Alternativfinanzierungsgesetz auf bis zu 8 MioE – wie in Deutschland – vorstellen.

Auch den „Einsatz auf EU-Ebene für einen starken Kapitalmarkt“ nimmt sich die neue Regierung vor. Dazu zählt sie zwar, die Bankenunion auf EU-Ebene zu reformieren und „mehr Proportionalität“ bei der Regulierung für kleinere heimische Banken. Aber ein wichtiges Ziel, das am Finanzmarkt in der Vergangenheit vielfach gefordert wurde, ist da nicht explizit enthalten. Nämlich den Europäischen Rechtsrahmen so zu verbessern, dass unnötige Belastungen durch die MiFID II und MiFIR rückgängig gemacht werden. Übergangsminister Müller hatte noch betont, dass sich das Finanzministerium frühzeitig aktiv in den europäischen „Review-Prozess“ zu MiFID II einbringt.

Begrüßenswert ist wohl, dass die türkis-blaue Formulierung „Förderung von Financial Literacy der Bevölkerung“ von Türkis-Grün als „Stärkung der Financial Literacy von Jung und Alt“ mit mehreren Detailvorhaben (wie „lebenslange, berufsbegleitende Lehrangebote zum Kapitalmarkt mit privaten Partnern“) konkretisiert wird.

Foto: BKA