Profiteure der Corona-Krise

Die Epidemie sorgt für enorme Bewertungsverschiebungen.

Roman Steinbauer. Der Ausbruch des Coronavirus führte bei ausgewählten, klein kapitalisierten US-Aktien des Gesundheitssegmentes zu teils senkrechten Kursausbrüchen. Durchwegs profitiert haben MedTech-Aktien bisher aber keineswegs. Das Geschäft unzähliger Unternehmen ist auch in dieser Branche von einer Unterbrechung der Lieferkette aus China beeinträchtigt. So wurde Boston Scientific (ISIN: US1011371077) getroffen. Die Gesellschaft erwartet für das 1. Quartal durch Zulieferengpässe eine Beeinträchtigung des Umsatzes zwischen umgerechnet 9 und 36 Mio Euro.

Emotional getriebene, begehrte Zockerpapiere
Cleveland-Biolabs-Aktien (US1858602022) legten seit Jahreswechsel hingegen um sagenhafte 450 % zu. Das Unternehmen aus Buffalo ist in der Gen-Modellierung und Stärkung des antigenen Immunsystems aktiv. Der in Maryland angesiedelte Impfstoffhersteller Novavax (US6700024010) verkündete den Start einer Tiertestung für einen potentiellen Corona-Impfstoff. Humantests sollen bereits bis Juni erfolgen. Der Aktienkurs reagierte eindrücklich. Pendelte das Papier Mitte Jänner noch um 3,5 USD, findet der Titel aktuell um 12,5 USD neue Anteileigner.

Die rasch angeschwollene Nachfrage nach Atemschutzmasken katapultierte die Warenverkäufe und Aktiennotizen diverser Hersteller auf eine davor nicht gesehene Ebene. Die 12 Mio verfügbaren Valoren der Alpha Pro Tech (US020 7721095) verzehnfachten (!) ihren Handelswert binnen sechs Wochen von 3,5 USD auf bis zu 35 USD – um nun bei 15 USD zu pendeln. Frappant: Das Mundschutzsegment steht für nicht einmal 25 % des Umsatzes.

Die ebenso knapp verfügbaren Wertpapiere der New Yorker Lakeland Industries (Schutzbekleidung, US5117951062) trieben dessen Kapitalisierung binnen einer Woche um 140 % nach oben. Für weitsichtige Anleger ist klar: Der kurzfristige Auftragsschub ist nicht nachhaltig. Doch bildete sich eine zynisch anmutende Anlage-Spezies, die bereits seit der SARS- und Ebola-Krise nach dem Motto agiert: Sobald die Kurse wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren, werden Aktien dieser Hersteller (mit solider Bilanz) zugekauft – im Zuge des nächsten Virusausbruchs (in ein bis zwei Jahren?) sodann zu einem extrem hohen Limit zum Verkauf gestellt. Diese „Abräum-Strategie“ erfuhr erneut eine lukrative Bestätigung.

Teure Themenbesetzung
Höher kapitalisierte Werte wie die niederländische Qiagen (NL0012169213) sprangen weniger spektakulär, aber doch zu einem Höchststand an. Der Vertreter molekularbiologischer Tests für die Forschung verschiffte nun neue „QIAstat-Dx Respiratory Panel 2019-nCoV Test-Kit“-Sets an chinesische Spitäler. Die Aussicht einer Übernahme durch Thermo Fisher (USA) befeuerte den Kurs zusätzlich. Coronavirus-Test-Kits wurden zudem an die US-Gesundheitsbehörde FDA zur Prüfung geschickt. Mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 400 % zum Jahresumsatz ist Qiagen bereits mutig bewertet.

Mike Smith, Portfolio-Manager des „Wells Fargo Endeavor Select Fund“, setzt auf stark wachsende, teils noch höher bewertete, Coronavirus-„Gewinner“. Die in San Diego beheimatete DexCom (US2521311074) ist in der Entwicklung medizinischer Geräte (vorwiegend Blutzuckermesssysteme) aktiv. Die Virus-Testsparte erweitert die Geschäftsfelder zusätzlich. Die Aktie notiert jedoch beim 175-fachen des letzten Cash-Flows.

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