Schutz vor Abstürzen

Mehr und mehr Österreicher setzen auf Zertifikate – auch in Krisenzeiten.

Patrick Baldia. Während der deutsche Zertifikatemarkt nach dem starken Einbruch infolge der Lehman-Pleite nicht wirklich wieder auf die Sprünge gekommen ist, zeigt sich in Österreich ein völlig anderes Bild: Der Markt ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Im vergangenen November wurde sogar ein neues Rekordvolumen von 15 Mrd Euro erreicht.

Massiv gestiegen ist zuletzt das Marktvolumen von Kapitalschutz-Zertifikaten. Auch Bonus-Zertifikate konnten stark zulegen. „Die hohe Nachfrage nach diesen beiden Zertifikate-Arten ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass die Österreicher beim Veranlagen sehr konservativ sind“, sagt Marianne Kögel, Zertifikate-Expertin bei der Raiffeisen Centrobank (RCB) im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Auch sie sieht Zertifikate als attraktive Möglichkeit für einen Aktieneinstieg mit Sicherheitsnetz.

Bei einem Kapitalschutz-Zertifikat wird das eingesetzte Kapital am Laufzeitende bis zu einer bestimmten Höhe geschützt. Gleichzeitig hat der Anleger die Möglichkeit, an der Wertentwicklung der zugrundeliegenden Basiswerte – wie etwa Aktien, Indizes oder Rohstoffen – zu partizipieren. Beim im vergangenen Herbst von der RCB emittierten „Europa Nachhaltigkeits Bond 90 %“ (ISIN: AT0000A29TE6) ist das Verlustrisiko etwa auf 10 % begrenzt. Dazu kommt die Möglichkeit am Laufzeitende einen Gewinn von 24 % zu realisieren.

Nachhaltigkeit

Neben dem Kapitalschutz-Zertifikate-Boom lässt sich in Österreich derzeit ein weiterer Trend ausmachen, wie Frank Weingarts, Head of Private Investor Products Austria im Team onemarkets der Uni-Credit, erklärt: „Bei den Basiswerten gibt es verstärkt Nachfrage nach Anlagemöglichkeiten rund um das Thema Nachhaltigkeit.“ So sei auch derzeit die „HVB Anleihe mit 95 % Mindestrückzahlung 03/2008“ (DE000HVB45X1) eindeutig das beliebteste Produkt unter den onemarkets-Kunden. Die Grundlage ist hier der „Global Water Strategy Index“, der wiederum die Wertentwicklung des Aktienfonds „KBI Institutional Water Fonds“ abbildet. Auch bei der RCB steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben im Fokus der Anleger. Dementsprechend gehört der bereits angeführte „Europa Nachhaltigkeits Bond 90 %“ zu den aktuellen Top-Sellern. Der Basiswert ist hier der „STOXX Europe ESG Leaders
Select 30 Index“, der die besten europäischen Unternehmen punkto ökologischen, sozialen und verantwortungsvollen Handelns abbildet.

Bei der Erste Group werden wiederum laut Uwe Kolar, Head of Retail and Sparkassen Sales, Teilschutz-Zertifikate – sprich Produkte mit tiefen Barrieren auf österreichische und deutsche Werte – sehr gut angenommen. „Vor allem Fixkupon-Express-Anleihen, die eine fixe Verzinsung haben – egal wie sich der Basiswert entwickelt – und am Ende der Laufzeit eine 50 %ige Barriere auf den Basiswert haben“, sagt er. Das bedeute für Anleger, dass die zugrundeliegende Aktie bis zum Laufzeitende auch um bis zu 49,9 % fallen könne, sie bekämen ihr eingesetztes Kapital dennoch zu 100 % zurück. Sollte die Aktie hingegen mehr als 50 % fallen, würde die Tilgung in Aktien erfolgen.

Derzeit macht Kolar – Stichwort: Coronavirus – mehr Unsicherheit unter Zertifikate-Neueinsteigern aus. „Die Nachfrage lässt naturgemäß etwas nach.“ Noch hielten sich die Verkäufe jedoch in Grenzen. Nachsatz: „Mehr Nachfrage sehen wir bei Put-Optionsscheinen und Short-Zertifikaten auf Indizes, um bestehende Investments abzusichern.“

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