Überflieger in Krisenzeiten
Die Programme von TeamViewer halten Videokonferenzen und Computer am Laufen.
Stefan Riedel, München. Der rapide Anstieg von Home-Office-Arbeit und Videokonferenzen im Zuge der Coronavirus-Pandemie beschert dem TeamViewer (ISIN: DE000A2YN900) einen zusätzlichen Umsatzschub. Die im MDAX gelistete Softwarefirma geht da-von aus, dass sich der Zuwachs für Abrechnungen von Softwareleistungen im laufenden Quartal gegenüber dem Vorjahr auf 60 % oder mehr beschleunigt hat.
Treibende Kraft ist dabei das Programm mit dem eigenen Firmennamen. Dabei war TeamViewer ursprünglich als Nebenprodukt gedacht. Damit lassen sich Computer und Rechner aus der Ferne zu steuern und warten, etwa per App über Smartphone und Tablet. Dass die neuesten Versionen die Teilnahme an Online-Meetings erlauben, wird sich für TeamViewer spätestens mit der Corona-Krise als Segen erweisen.
„Wir werden 2020 unsere Wachstumsstrategie weiterhin in vollem Tempo fortsetzen, indem wir Kundensegmente und globale Reichweite ausbauen“, hatte Vorstandschef Oliver Steil bei der Präsentation der vorläufigen Zahlen für 2019 angekündigt. Das war am 10. Feber, also noch vor dem Börsencrash. Aber auch die aktuell turbulenten Zeiten wird TeamViewer mit seinen Produkten besser meistern als Softwarefirmen, die in anderen Marktsegmenten unterwegs sind. Die Programme der 2005 gegründeten Firma aus Göppingen bei Stuttgart kommen nicht nur in der Fernwartung von Computern und Servern oder bei Videokonferenzen zum Einsatz, sondern sollen in Zukunft auch die digitale Fertigung in der Industrie steuern.
Den Konzernumsatz hat TeamViewer 2019 um 51% auf 390,3 Mio Euro gesteigert. Positiv hat sich ausgewirkt, dass die Gesellschaft ihr Vertriebskonzept von Einfachlizenzen auf ein Abo-Modell umgestellt hat. Wegen zu hoch ausgewiesener aktiver latenter Steuern musste der vorläufige Jahresüberschuss im Nachhinein von 110,9 auf 103,9 Mio Euro nach unten korrigiert werden. Umsatz und bereinigtes operatives Ergebnis sind laut TeamViewer davon nicht betroffen. Der Free Cashflow kletterte von 112,7 auf 171,5 Mio Euro. Die Cash Conversion, also das Verhältnis freier Mittelzuflüsse zum operativen Gewinn, beläuft sich damit auf stattliche 94,2 %.
Mit Abschlägen von gut 20 % gegenüber dem Allzeithoch vom Feber halten sich die Kursabschläge in Grenzen. Das IPO liegt erst ein halbes Jahr zurück. Mit einem Emissionserlös von 2,2 Mrd€ feierte TeamViewer den größten Börsengang eines deutschen Technologieunternehmens seit dem Platzen der Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende. Alle sieben Analysten, die aktuell TeamViewer covern, sprechen sich für einen Kauf der Aktie aus.
Zum Negativen ändern könnte sich diese Einschätzung am ehesten, wenn das Management am 26. März, wenn die detaillierten Zahlen für 2019 kommen, beim Ausblick eine deutlich negativere Position bezieht. Bei der Kundschaft wird das Unternehmen in der Zwischenzeit weiter punkten: private Nutzer, die jetzt geschäftlich mit der kostenlosen TeamViewer-Version arbeiten, werden nicht mehr gesperrt. Spekulative Anleger bauen erste Positionen auf.
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