China-Optimismus als Hoffnung für Europa?

Es gibt Signale einer V-förmigen Erholung der dominantesten fernöstlichen Wirtschaft.

Roman Steinbauer. In der Vorwoche veröffentlichte Zahlen zum Zustand der chinesischen Wirtschaft sorgen für das im Brennpunkt der Corona-Krise stehende Europa für zarte Lichtblicke. Nach einem in der jüngsten Geschichte beispiellosen Absturz von zuvor 52 auf 40 Punkte schnalzte der China Caixin Herstellungsindex (PMI) für März auf den neutralen Bereich von 50 zurück.

Dieser von Ökonomen viel beachtete Barometer zur Befindlichkeit der Wirtschaftsmacht gewährt einen Überblick der Aktivitätsdynamik im industriellen Sektor. Die veröffentlichten Daten finden daher in der Finanzwelt entsprechend Beachtung. Der Wert erholte sich geradezu schlagartig bis knapp unter das Niveau vor dem Ausbruch der Corona-Epidemie. Demnach war der Vertrauensverlust bloß von kurzer Dauer.

Ebenso dynamisch verlief das Comeback der Umfrageergebnisse für den Dienstleistungssektor. Der Caixin Services PMI, der von zuvor stabilen 52 auf 26 Punkte regelrecht „abriss“, schnalzte für März wiederum auf 43 nach oben, eine Egalisierung von 60 % des Einbruchs. Diese Erhebung setzt sich durch Befragungen diverser Führungskräfte in 400 verschiedenen privaten Dienstleistungssektoren zusammen. Das Ergebnis wird als richtungsweisende Spiegelung zu Variablen wie Umsätzen, Beschäftigung, Lagerbeständen und Preisbildung herangezogen.

Gemischtes Vertrauen, wenige Daten-Alternativen

Hinlänglich bekannt sind Zweifel der internationalen Marktteilnehmer zur Zuverlässigkeit der veröffentlichten Daten über den Stand der chinesischen Wirtschaft. Zu den Caixin-Auswertungen ist anzumerken: Die Erhebungen werden monatlich von der Caixin Insight Group (Daten-Dienstleistungstochter der Caixin Media Company Limited) erstellt. Das Unternehmen wurde im Jahre 2010 von Hu Shuli gegründet. Die heute auch als Professorin an der School of Communication in China agierende Pekingerin durchlief zuvor die Journalisten-Ausbildung an der Stanford Universität und gründete zudem im Sino-Reich das englischsprachige Caijing Magazin. Natürlich ist ein politischer Druck durch die KP-Führung auf die Gesellschaft nicht auszuschließen, eine nach den Wünschen der Staatsführung „zurechtgelegte“ Formung der Ergebnisse ist aber nahezu undenkbar. Denn seit 2015 wird das Zahlenwerk den institutionellen Investoren im Inland offeriert. Zur Einschätzung der Lage werden Datenbanken erstellt und mit makroökonomischen Erhebungen und Analysen verknüpft. Zusammengestellt, komprimiert und global veröffentlicht werden diese Ergebnisse zudem vom Dateninformationsdienst IHS Markit mit Sitz in London. Einen Imageschaden würden die Briten wohl kaum bewusst in Kauf nehmen. Das Sponsoring der Markit China-Abteilung übernahm aber Caixin wiederum im Jahr 2015 von der HSBC Bank.

Hohe Bedeutung der Bezugsquelle

Kritischer sind hingegen die Auswertungen der China Federation of Logistics & Purchasing zu sehen. Dabei werden die Messungen des Nationalen Statistik-Büros (NBS) verarbeitet. Auch wenn zu deren PMI monatlich 700 Führungskräfte nationaler Unternehmen befragt werden, ist im Ergebnis ein „eingebauter“ Optimismus erkennbar. Dieser wohl weniger glaubwürdige Wert zum Einkaufsmanager-Vertrauen sprang im März gar auf den höchsten Wert seit September 2018. Auffällig: Die Behörden kamen nicht darum herum, die Arbeitslosenquote (in Prozent des urbanen Arbeitskräftepotentials) von 5,2 auf 6,2 anzuheben. Die Zentralbank veröffentlicht zudem laufend den durchschnittlichen Zinssatz zu gewährten Krediten. Hier ist mit 4,05 % ein neuer Tiefststand erreicht, ein wiederum ernüchternder Hinweis.

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