Umsatzschub durch Corona
Drägerwerk profitiert von einem Großauftrag der Bundesregierung, kämpft aber weiter mit schwachen Margen.
Stefan Riedel, München. Niedrige Erträge, wenige neue Umsatztreiber und von der Produktstrategie noch ungenügend auf die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung ausgerichtet – die Mängelliste der Investoren zum Lübecker Familienunternehmen Drägerwerk (ISIN: DE0005550636) ist lang. In Anbetracht der Corona-Krise ist von dieser Kritik nichts mehr zu hören. Der Börsenwert der im SDAX gelisteten Vorzüge hat sich in den vergangenen drei Wochen verdoppelt.
Auftrag der deutschen Regierung als Initialzündung
Das Kursfeuerwerk gezündet hat ein Großauftrag der Regierung in Berlin. 10.000 Beatmungsgeräte und persönliche Schutzausrüstung für Krankenhauspersonal plus Schutzmasken der Schutzklasse FFP2 soll Drägerwerk über dieses Jahr verteilt liefern. Für Firmenchef Stefan Dräger ist es „der größte Auftrag, den wir je hatten“ und entspricht der normalen jährlichen Produktionsmenge für Beatmungsgeräte. Die Produktion von Atemschutzmasken hat Drägerwerk während der Corona-Krise bereits verdoppelt.
Finanzexperten erhoffen sich jetzt den über Jahre ausgebliebenen Profitabilitätsschub. „Die gegenwärtige Situation ist ein Windfall-Profit für Dräger. Das Unternehmen rückt unverhofft wieder ins Blickfeld von Kapitalmarkt und Kunden. Ich hoffe, dass sie jetzt liefern können, denn das Produktportfolio wirkt in der Breite noch sehr antiquiert“, meint etwa Kai Brüning, er ist Fondsmanager bei Apo Asset Management, gegenüber dem Börsen-Kurier.
Die Medizintechniksparte steht für 60 % der Konzernerlöse. Da-runter fallen Beatmungsgeräte sowie Geräte für die Überwachung von Patienten auf Intensivstationen oder von Säuglingen. Aus der Sparte Sicherheitstechnik kommt Schutzausrüstung für Rettungsdienste, Feuerwehr und Behörden.
Kennzahlen 2019
Und die Firma braucht neue Wachstumsimpulse. Im Geschäftsjahr 2019 schaffte Drägerwerk ein Umsatzplus von 7 % auf 2,8 Mrd€. Die EBIT-Marge blieb bei 2,4 % hängen, in der Medtechsparte lag sie bei ganzen 0,8 %. Dementsprechend niedrig fiel zuletzt der Nettogewinn mit 33 Mio€ aus. Seit 2017 hat sich der Konzerngewinn gedrittelt. Bis vor kurzem spiegelte der Aktienkurs, der sich von Anfang 2015 bis Ende 2019 halbierte, diese Stagnation wider.
Ausblick
Für den Zeitraum 2019 bis 2021 erwarten die Analystenschätzungen ein jährliches Gewinnwachstum von im Schnitt 50 %. Mit einem 2021er-KGV von 27 erscheint die Vorzugaktie somit optisch günstig. Kurzfristig sollte der Corona-Effekt den Aktienkurs auch weiter nach oben schieben. Die Luft könnte allerdings schnell wieder heraus sein, wenn das Unternehmen nicht den Beweis liefert, dass es seine Gewinne unabhängig von größeren Projekten im Zeichen der Corona-Pandemie steigern kann.
Foto: Drägerwerk AG & Co. KGaA