Tel Avivs krisenresistente Börse

Auf Israels Handelsplatz tummeln sich viele Aktien aus „Gewinner-Branchen“.

Roman Steinbauer. Israels Wirtschaft befand sich bis zum Vorjahr in einer Boom-Phase. Laut „CIA World Factbook“ wuchs das BIP/Kopf binnen vier Jahren von 32.580 auf zuletzt 38.960 € (2019) eklatant. Die niedrige Steuerquote von 23 % wirkte über Jahre stimulierend.

An den Wirtschaftsdaten lassen sich für den ersten voll erfassten Krisenmonat April aber deutliche Spuren ablesen. Der Export brach laut zentralem Statistikbüro um
30 % auf umgerechnet 729 Mio€ ein. Die Importe ermäßigten sich um 23 % auf 1,2 Mrd€. Die April-Kerninflation glitt auf Jahresbasis mit -0,6 % unter die Null-Schwelle. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind noch nicht in Zahlen ersichtlich, da diese Daten nur quartalsweise erfasst werden. Die tiefe Arbeitslosenquote von 3,5 % im 1. Quartal dürfte aber vor einem scharfen Satz nach oben stehen. Das annualisierte Wachstum von zuletzt 4,6 % (4. Quartal 2019) wird nach jüngster IMF-Schätzung (-6,3 % für 2020) einen her-ben Abriss erfahren. Die Währungsreserven stehen indes bei einem historischen Höchststand von 34,6 MrdUSD (31,49 Mrd€). Die Vorkrisen-Staatsverschuldung belief sich mit 62 % etwas unter dem Niveau Österreichs.

Aktien in Frankfurt und New York gelistet
Der „Tel Aviv TA-125 Index“ liegt unterdessen nur noch ein Zehntel unter dem Rekordstand. Dieser auf 1.406 Punkte erholte „Total Return-Index“ (ausgeschüttete Dividenden werden der Zählung zugeschlagen, Anm.) wird nach Kapitalisierung des Streubesitzes gewichtet. Der Markt ist mit 33 % von Medizin-, Biotech bzw. Pharmazeutik-Produkten geprägt. Auf dem Börsenparkett dominieren zudem Aktiengesellschaften aus der Sicherheits-, Verteidigungs- und Softwarebranche. Gut 90 Unternehmen leisten sich neben der Heimatbörse auch ein Mehrfach-Listing in Frankfurt, an der NYSE oder an der NASDAQ.

Am geläufigsten ist heimischen Beobachtern der Arzneimittel-Hersteller TEVA Pharmaceutical (ISIN: IL0006290147). Umsatzeinbrüche, eine negative Profitmarge von 4,8 % und eine erodierende Aktiennotiz trafen Investoren zuletzt hart. In diversen Foren wird dennoch über eine vermutete Unterbewertung spekuliert, obwohl der einstige Börsenstar mit 15,5 Mrd€ Umsatz auf Verbindlichkeiten von 24 Mrd€ sitzt.

Aktien der Elbit Systems Gruppe (IL0010811243) holten die jüngsten scharfen Abschläge be-reits zum Großteil auf und stehen hingegen noch 16 % unter dem Rekordstand von Oktober. Bis dahin zog die Notiz innerhalb eines Jahrzehnts um 270 % an. Die Luft-, Rüstungs- und Elektronik-Gesellschaft aus Haifa ist einer der bedeutendsten Exportkonzerne des Landes. Zudem werden Anteile am Verteidigungskonglomerat IMI Systems (vormals Israel Military Industries) gehalten.

Trend-Segmente im Blickpunkt
Für „die“ Durchstarter-Aktie dieses Jahres stehen die Papiere des Internet-Dienstleisters Fiverr Intl. (IL0011582033). Die Covid-Krise verlieh dem Kursanstieg einen Zusatzschub, die Notiz befindet sich heuer bereits 148 % im Plus. Die Umsätze stiegen zuletzt jährlich um 80 %, das Preis/Umsatzverhältnis ist mit 16 bereits hoch. Der Buchwert liegt aber über der Höhe der marginalen Verbindlichkeiten.

Fundamental reizvoller wirken Taro Pharmaceutical-Valoren (IL00 10827181). Das geschätzte Vorwärts-KGV der liquiden und mit einem Überhang des Cash-Bestandes von 27 €/Aktie ausgestatteten Gesellschaft (38 Mio Aktien ausstehend) liegt bei 9,6, der Buchwert bei 80 % des aktuellen Kurses. Die Umsätze schwächelten zuletzt (-2,8 %), der Gewinn/ Aktie ist mit 5,78 € weiterhin stark.

Die Stabilität des israelischen Schekels (ILS) hat für Investoren Relevanz. Die Währung ist starken Schwankungen ausgesetzt, zog aber während der vergangenen Jahre deutlich auf 3,84 ILS je Euro an.

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