US-Arbeitsmarkt überrascht positiv
Die Massenarbeitslosigkeit ist anscheinend nur ein vorübergehendes Phänomen.
Michael Kordovsky. Binnen elf Wochen summierte sich die Anzahl der wöchentlich veröffentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA auf 42,4 Mio. Der Höhepunkt mit 6,867 Mio Anträgen fiel auf die Woche vom 28. März. Seither ging es wieder kontinuierlich bergab und zuletzt per 30.5. waren es nur noch 1,877 Mio Anträge – erstmals seit Mitte März weniger als 2 Mio. Die Erwerbsbeteiligungsquote der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter stieg von April auf Mai von 60,2 auf 60,8 %, liegt aber noch immer unter dem März-Wert von 62,7 %. Die zivile Arbeitsbevölkerung ist von 156,481 auf 158,227 Mio gestiegen. Nimmt man dies als Basis für die neuen Arbeitslosen, die in den vergangenen elf Wochen um Unterstützung ansuchten, so würde alleine diese Gruppe davon 26,8 % ausmachen. Im Vergleich dazu lag die US-Arbeitslosenquote am Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise 1932 bei rund 23 %. Entsprechend negativ waren für die Arbeitsmarktdaten, die vergangenen Freitag (5. Juni) veröffentlicht wurden, die Erwartungen der Volkswirte, die von einem Anstieg der Arbeitslosenquote von April auf Mai von 14,7 auf 19,8 % ausgingen.
„US-Jobwunder“
Die große Überraschung war: Die Arbeitslosenquote ist auf 13,3 % gesunken. Außerhalb der Landwirtschaft wurden rund 2,5 Mio neue Stellen geschaffen. Im April gingen noch revidiert 20,7 Mio Jobs verloren. Offensichtlich wirkt sich das schrittweise „Hochfahren“ der Wirtschaft positiv aus. Insgesamt ging die Anzahl der amtlichen Arbeitslosen um ca. 2,1 auf 21 Mio zurück. Der Großteil davon, 14,8 Mio, ist erst fünf bis 14 Wochen arbeitslos, die zweitgrößte Gruppe von 3,9 Mio weniger als fünf Wochen. Während die Jobverluste im Staatsdienst noch auf hohem Niveau blieben, zeigte sich im Bereich Freizeit/Fremdenverkehr die Flexibilität des Arbeitsmarktes: Lagen im April dort die Jobverluste noch bei 7,5 Mio, so wurden im Mai wieder 1,2 Mio Mitarbeiter neu eingestellt. Im Bereich Gastronomie/Ausschank kamen 1,4 und im Bau 0,46 Mio neue Jobs hinzu. Die Produktionswirtschaft hat 0,23 Mio neue Stellen geschaffen. Die Normalisierung zeigt erste Wirkung.
Auffallend stark stiegen gegenüber Mai 2019 die Stundenlöhne um 6,75 % auf 25 US-Dollar, was wie folgt erklärt werden kann: Es wurden niedrig bezahlte, weniger qualifizierte Jobs stärker abgebaut. Von März bis Mai stieg der Anteil der Arbeitslosen, die nicht einmal einen High-School-Abschluss haben, von 6,8 auf 19,9 %, hingegen bei jenen mit Bachelor oder höherem Uni-Abschluss nur von 2,5 auf 7,4 %.
Versteckte Arbeitslosigkeit
Das deutsche Kurzarbeitsmodell ist in Europa weit verbreitet. Wer in Kurzarbeit ist, gilt nicht als arbeitslos. So können schwierige Phasen überbrückt werden und auch in Europa normalisiert sich schrittweise der Wirtschaftsalltag, woraus die Hoffnung resultiert, dass in den kommenden Monaten die Sprünge in der Arbeitslosigkeit nicht so groß ausfallen werden, als erwartetet. Somit ist laut Eurostat die saisonbereinigte Arbeitslosenquote von März auf April lediglich von 7,1 auf 7,3 % gestiegen – so, als herrsche „business as usual“. In Deutschland verharrt die Quote sogar auf 3,5 %, während EU-weit Tschechien mit 2,1 % die niedrigste Quote aufweist. Indessen von 14,2 auf 14,8 % stieg die Arbeitslosenquote in Spanien, während Griechenland für Feber einen Wert von 16,1 % auswies.
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