Zweite Welle vs. Aufschwung
Bedroht zweite Corona-Welle den Aufschwung?
Michael Kordovsky. Die Zahl der Infizierten steigt vor allem in den USA und Lateinamerika explosionsartig an und auch in Österreich mehren sich die regionalen „Seuchen-Hotspots“. Zunehmend restriktive Maßnahmen zur Eindämmung von Covid19 auf regionaler Ebene sind weltweit verbreitet. Gerät die Pandemie außer Kontrolle, dann sind erneute landesweite Lockdowns nicht auszuschließen. Inwiefern hat sich dies bereits auf die Konjunktur ausgewirkt? Das zeigen folgende Einkaufsmanager-Indizes, die auch Frühindikatoren wie Auftragseingänge und Exportorders enthalten.
Chinas Produktion auf Hochtouren
Der unabhängige „Caixin China General Manufacturing Purchasing Managers Index“ (PMI) stieg von Mai auf Juni weiter von 50,7 auf ein Sechs-Monatshoch von 51,2 Punkten. Werte über 50 Punkte gelten als Expansion der Aktivitäten. Das vorangegangene Corona-Tief lag im Feber bei 40,3 Punkten. Die erfreuliche Entwicklung ist auf die Auflockerung der Corona-Maßnahmen zurückzuführen. Der Output wuchs im Zuge eines erneuten Anstiegs der Auftragseingänge, während der Konsum neue Impulse gab. Hingegen noch schwach zeigt sich die Beschäftigungskomponente. Firmen agieren in der Einstellung neuen Personals sehr vorsichtig. Besonders erfreulich entwickelte sich auch der Caixin/Markit-Einkaufsmanagerindex für Dienstleistungen. Er stieg im Juni weiter von 55 auf 58,4 Zähler und somit den höchsten Stand seit April 2010. Das Neugeschäft zeigte deutliche Impulse und die Exportbestellungen lagen erstmals seit Jänner wie-der im Plus. Offensichtlich gibt es einiges nachzuholen.
USA fahren kräftig hoch
In den USA genau beobachtet wird der „ISM Report on Business“. Dabei wird über die Entwicklung von zwei Einkaufsmanager-Indizes und deren Komponenten berichtet, nämlich einem für die Produktionswirtschaft und einem anderen für Bereiche jenseits der klassischen Produktion. Der „ISM Report On Business“ für die Produktionswirtschaft für Juni gibt Hoffnung: Eine Konstellation bestehend aus zunehmenden Auftragseingängen und steigender Produktion, einem Aufbau an Rohstofflagerbeständen aber zu niedrigen Lagerbeständen im Handel ist günstig für weitere Wachstumsimpulse. Von Mai auf Juni stieg der betreffende Einkaufsmanagerindex um 9,5 %-Punkte auf 52,6 %. So einen Sprung hat es seit August 1980 nicht gegeben. Auch andere Indikatoren zeigten eine Belebung, wie wir sich in den letzten Jahren nicht kannten. Die Auftragseingangskomponente schnellte nämlich von 24,6 %-Punkte auf 56,4 % empor, während der Produktionsindex ein Plus von 24,1 %-Punkte auf 57,3 % verzeichnete. Von 18 verarbeitenden Industrien zeigten elf steigende Auftragseingänge.
Einen historisch starken Anstieg (seit Start der Datenreihe im Jahr 1997) verzeichnete der Einkaufsmanagerindex außerhalb des Produktionsbereichs (non-manufacturing-sector). Er stieg von Mai auf Juni um 11,7 %-Punkte auf 57,1 %. Einen raketenartigen Anstieg zeigte dabei der Index der Geschäftsaktivitäten, der um 25 %-Punkte auf 66 % anstieg, während der Index der Auftragseingänge um 19,7 %-Punkte auf 61,6 % hochlief. Auf breiter Front machen sich die Lockerungsmaßnahmen in der Corona-Vorbeugung bemerkbar.
Euroraum zeigt ebenfalls Stärke
Der Eurozone Composite PMI, ein Aktivitätsindikator der Privatwirtschaft (Produktion und Dienstleistung) kletterte um knapp 17 Punkte auf ein Vier-Monatshoch von 48,5 Punkten und übertraf damit auch die Vorabschätzung um einen Punkt. Quer durch Europa erstreckt sich dabei die Erholung. Das zeigt sich darin, dass die Composite Output Indizes der Länder Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland und Irland jeweils ein Vier-Monatshoch erreichten. Mit 51,7 Punkten bereits im Expansionsbereich lag Frankreich, während Irland und Deutschland mit 44,3 bzw. 47,0 Punkten noch über ein per Saldo rückläufiges Aktivitätsniveau verfügen. Allerdings schwächten sich bereits die Auftragseinbußen ab. Aufgrund der allgemeinen Verbesserung des Konjunkturbildes kennzeichnet der PMI aktuell nur noch einem BIP-Rückgang von 0,2 % auf Quartalsbasis. Chris Williamson, Chef-Ökonom bei IHS Markit, blickt vorsichtig optimistisch ins dritte Quartal: „Überdies nährt das verbesserte Geschäftsklima die Hoffnung, dass das BIP im dritten Quartal 2020 wieder wachsen dürfte.“
Fazit
Noch hat sich eine mögliche „zweite Welle“ nicht in den Wirtschaftsdaten niedergeschlagen. Machen Covid19 oder die neu aufkeimende Pest (es gibt Verdachtsfälle der Beulenpest in China) keinen Strich durch die Rechnung, geht es weiter aufwärts. Doch der externe Seuchenfaktor darf nicht unterschätzt werden.
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