Höhenflug mit Beigeschmack

Der Berliner Essenslieferant Delivery Hero steigt nächste Woche in den DAX auf – statt Wirecard.

Stefan Riedel, München. Am 24. August ist es so weit. Dann wird Delivery Hero (ISIN: DE000A2E4 K43) im DAX die Position von Wirecard (DE0007472060) einnehmen. Gegen den Zahlungsabwickler laufen Ermittlungen wegen Bilanzfälschung, Geldwäsche und Marktmanipulation. Der Online-Lieferdienst hat sich in den zwei entscheidenden Kriterien, dem Börsenwert und der Liquidität, gegenüber anderen heißen Aspiranten wie dem Aromenhersteller Symrise (DE000SYM9999) durchgesetzt.

Wachstum plausibel
Anders als bei Wirecard lassen sich bei Delivery Hero die rasanten Umsatzzuwächse nachvollziehen. In Zeiten der Corona-Krise ordern immer mehr Menschen ihr Essen online und zugleich expandiert das Berliner Unternehmen international über Zukäufe. In Europa, Asien und inzwischen auch in Lateinamerika. Das Geschäft auf dem Heimatmarkt Deutschland mit den drei Marken Foodora, Lieferheld und pizza.de hat Delivery Hero Ende 2018 an den niederländischen Wettbewerber Just Eat Take- away.com (NL0012015705) verkauft.

Operativ verdient Delivery Hero im Vergleich zu den anderen DAX-Mitgliedern aber noch kein Geld. Wann die Firma schwarze Zahlen schreiben wird, lässt Vorstandschef Niklas Östberg noch offen. „Wann wir groß genug sind“, lautet hier seine geläufige Antwort gegenüber Analysten und Anlegern. An der Börse kommt die Wachstumsstory an. Seit dem Jahrestief Ende März hat sich der Aktienkurs verdoppelt. Verdoppeln soll sich auch der Umsatz gegenüber dem Vorjahr: für 2020 hat Östberg gerade erst die Jahresprognose auf 2,6 bis 2,8 Mrd€ angehoben. 13 Analysten sprechen sich weiter für den Kauf der Aktie aus, ganze drei plädieren für Halten. „Der Rückenwind durch die Corona-Krise wird auch das traditionelle Sommerloch im laufenden Quartal ausgleichen“, ist sich etwa Silvia Cuneo von der Deutschen Bank sicher. Ihr Kursziel hat sie auf 120 € angehoben.

Schon zu teuer?
Wie ambitioniert die Aktie mittler-weile bewertet ist, zeigt der Blick auf das Verhältnis von Unternehmenswert zu Umsatz, eine wichtige Kenngröße bei Online-Essenslieferdiensten. Hier kommt Delivery Hero auf den Faktor Acht. Bei Just Eat Takeaway.com, steht hier das Sechsfache, zudem soll die Gesellschaft 2021 profitabel werden. Der deutsche Konkurrent HelloFresh (DE000A161408) wird mit dem doppelten Umsatz bewertet und soll in diesem Jahr erstmals Gewinne abliefern.

Es ist davon auszugehen, dass der DAX-Aufstieg den Aktienkurs von Delivery Hero kurzfristig weiter beflügeln wird. Allerdings steigt auch das Rückschlagsrisiko für den Fall, dass das Unternehmen bei einzelnen Quartalsergebnissen die hochfliegenden Erwartungen einmal nicht trifft – und Investoren dann stärker auf die Profitabilitäts-Kennziffern blicken.

Foto: Delivery Hero