Krisenfeste Aktien für den Herbst

Weltweit immer mehr Lockdowns verunsichern Anleger. So kann man sich schützen.

Michael Kordovsky. Achtung: Die Karten werden neu gemischt. Der Biotech-Hype weicht wieder einer gewissen Ernüchterung, zumal die Konkurrenz bei Corona-Impfungen und -Medikamenten groß ist. Darüber hinaus werden Corona-Tests und Schutzmasken zu einem hart umkämpften Massengeschäft.

Weiterhin im Aufwind ist der Versand- und Interneteinzelhandel, der in der EU alleine in den Monaten Juni und Juli im Jahresvergleich um je 28,6 bzw. 19 % wuchs. Neben der in den DAX aufgestiegenen Delivery Hero (Online-Bestellplattform für Essen), Zalando und Amazon.com erscheinen Paketzusteller wie UPS und FedEx interessant. Zalando verkauft nun auch neuwertige gebrauchte Kleidungsstücke und ist somit auf schlechte Zeiten gut eingestellt. Im ersten Halbjahr 2020 stiegen

die Umsatzerlöse um 19,6 % auf 3,56 Mrd€ und der operative Cashflow von 84,6 auf 125 Mio€. Das für 2024 erwartete KGV liegt angesichts der Wachstumsdynamik bereits bei akzeptablen 24,9. FedEx konnte indessen im vergangenen Quartal (endete 31.8.) bei 13,3 % Umsatzwachstum den Gewinn/Aktie von 2,84 auf 4,72 USD steigern und das Forward-KGV für 2021/22 liegt bei günstigen 15,4.

Im weiteren Verlauf einer erneuten Krise könnten defensive Werte wie Pharmaunternehmen mit breiter Produktpalette wie z.B. Sanofi und Roche, Hersteller von Reinigungsmitteln und Nahrungsmittelproduzenten als „Stabilisatoren“ in den Portfolios gesucht sein. Sanofi überzeugte laut Zacks Investment Research in den vergangenen drei Quartalen mit drei positiven Gewinnüberraschungen in Folge. Analysten haben in den vergangenen 60 Tagen die Gewinnprognosen 2021 pro Aktie von 3,76 auf 3,87 nach oben revidiert, woraus ein zu erwartendes akzeptables KGV von 13,1 resultieren würde. Roche bietet indessen Ertragskontinuität und hat von 2016 bis 2019 den Gewinn/Aktie um 11,5 % p.a. gesteigert.

Es ist ein anhaltend hoher Pegel an Desinfektionsmittelnachfrage und Nachfrage nach diversen Hygiene- und Reinigungsprodukten im Haushalt zu erwarten. Noch über Aufholpotenzial verfügt Kimberly Clark (Seifen- und Desinfektionsspender, Hygiene-Artikel-Marke „Kleenex“) mit einem für 2021 geschätzten KGV von 18,4.

Im Bereich Nahrungsmittel und Getränke sollten Hersteller und Vertriebe von Produkten bevorzugt werden, die zu Hause konsumiert werden können und weniger abhängig sind von Gastronomie und Großveranstaltungen. Das gilt beispielsweise für die US-Bauernmarkt-Kette Sprouts Farmers Market, die vom zunehmenden Gesundheitsbewusstsein profitiert und in der Lage war, von 2015 bis 2019 ihren Cashflow von 240 auf 355 MioUSD zu steigern. Selbst im zweiten Quartal 2020 gab es noch 16 % Umsatzplus! General Mills gilt indessen mit mehr als 100 Marken auf sechs Kontinenten und einer Palette von Frühstücksflocken und Fertiggerichten als krisensicheres Unternehmen, das mit einem für 2021/22 erwarteten KGV von 16,1 auch in schlechten Zeiten über einen „Sicherheitspolster“ verfügt.

Ein Klassiker mit Mineralwasser, Eistee, Tiefkühlpizza, Eis, Kaffee und Tierfutter ist Nestlé, deren freier Cash Flow und Gewinn/Aktie im Zeitraum 2015 bis 2019 um je 4,6 bzw. 7,4 % p.a. gesteigert werden konnten.

Zwar sinkt der Stromverbrauch in Lockdown-Phasen, doch Ökostrom wird laufend gefördert und die Erzeuger können in schlechten Zeiten zu einem gewissen Grad auch Kosten anpassen. Deshalb sollte auch ein Blick auf Werte wie Verbund oder die dänische Orsted geworfen werden.

Foto: AdobeStock / photoschmidt