Makler forcieren digitale Vertriebsfitness

Corona hat die Digitalisierung beschleunigt – auch für die Versicherungsmakler.

Emanuel Lampert. „Uns war klar, dass Digitalisierung in der Versicherungswelt die Zukunft bedeutet“, sagt Christoph Berghammer, der Ende 2020 als Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler bestätigt worden ist. „Deshalb haben wir nach der Wahl Digitalisierung als eines der Hauptthemen für 2021 definiert.“ Vergangene Woche hat der Fachverband nun einen „Leitfaden für den digitalen Vertrieb“ vorgestellt. Die Idee dafür war noch vor Corona entstanden, erfuhr dadurch aber nochmals eine Beschleunigung, wie Berghammer bei der Online-Präsentation sagte.

Erarbeitet wurde das Werk zusammen mit Rechtsanwalt Martin Pichler und der Kanzlei Brandl & Talos. Es wartet mit einem Überblick über die wichtigsten Rechtsvorschriften und mit Praxistipps auf. Makler erhalten es automatisch per Post und können es auch online beim Fachverband lesen. Basisthemen wie etwa Domainregistrierung oder die Gestaltung des Impressums werden ebenso behandelt wie Onlinevertrieb und Schadensabwicklung.

Erst Büro, dann Vertrieb
Eine Herausforderung bestand Pichler zufolge darin, einen Behelf mit Mehrwert für alle Versicherungsmakler zu schaffen, da die Digitalisierung in der Maklerschaft unterschiedlich weit fortgeschritten sei. In Bezug auf interne Prozesse und Kommunikation mit den Versicherern sei man „schon sehr weit“, am wenigsten ausgebaut dürfte die „Schnittstelle“ zwischen Makler und Kunden sein, speziell der Onlineabschluss. Für Berghammer folgt das einer gewissen Logik: erst die Digitalisierung im Büro erledigen, „damit dann auch der digitale Vertrieb funktioniert“.

Die Digitalisierung des Vertriebs sei dabei nicht nur eine rein technische Frage, so Pichler. Sie habe „ihre Tücken“: Im klassischen Beratungsgespräch lasse sich leichter herausfinden, was der Kunde braucht, Onlinevertrieb, wie er sich derzeit darstellt, eigne sich daher für Kunden, die schon eine Vorstellung von ihrem Bedarf haben.

„Wir müssen lernen, in Entscheidungsbäumen zu denken“, folgert er und meint damit ein bestimmtes Frage-Schema. Immerhin könnten sich teils hunderte Fragen stellen, bis man zur passenden Lösung gelangt. Dementsprechend könne man weniger komplexe Produkte mit geringerem Aufwand in solchen Entscheidungsbäumen abbilden.

Grundsätzlich sieht Pichler „viele Schattierungen“ zwischen rein klassischem und rein digitalem Vertrieb. „Da wird für jeden Makler ein Modell dabei sein.“ Wer weniger auf Digitalisierung setzen wolle, müsse aber wohl eher in komplexe Produkte gehen, die eben digital nicht so ohne Weiteres darzustellen sind. „Da bietet Digitalisierung noch nicht den Mehrwert.“

Neue Chancen erkennen und nutzen
Mehrwert kann sie nicht nur den Kunden bieten, sondern auch den Unternehmen. „Es geht vor allem um Kostenreduktion, um Qualitätsverbesserung, um einheitliche Bearbeitungsstandards“, sagte Raphael Toman von der Kanzlei Brandl & Talos. Letztlich biete sie überdies „eine Chance, neue Geschäftsgelegenheiten zu ergreifen und neue Kunden zu akquirieren“.

Und Angelika Sery-Froschauer warb dafür, Vertriebs- und Digitalisierungsorientierung in den Vordergrund zu rücken. Die Obfrau der WKÖ-Bundessparte Information und Consulting stützt sich auf Zahlen aus einer Accenture-Studie, wonach die Digitalisierung der Prozesse gesamtwirtschaftlich ein BIP-Wachstumspotenzial von bis zu 1,9 % jährlich freisetze. Wenn man die Nutzung künstlicher Intelligenz bis zum Zeithorizont 2015 einbeziehe, kämen noch potenzielle 1,6 % dazu.

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