Vorsorgerisiko Scheidung

Pensionistinnen erhalten ein Drittel weniger Pension.

Rudolf Preyer. Der sogenannte „Gender Pension Gap“ ist wesentlich auf die geschlechterspezifische Aufgabenteilung zwischen Haus- und Erwerbsarbeit zurückzuführen, wie Swiss Life in einer aktuellen umfassenden Studie aufzeigt. Diese basiert auf einer Befragung, die zwischen dem 18. und dem 25. Feber stattfand. Teilgenommen haben 834 geschiedene und wiederverheiratete Frauen. Besonders hart treffen solche Vorsorgelücken geschiedene Frauen. Die Auswirkungen einer Scheidung auf die Altersvorsorge sind für Frauen nämlich besonders groß. Diese werden aber häufig leider unterschätzt.

Pensionsunterschiede in der beruflichen Vorsorge entstehen für Frauen während der Ehe aufgrund von Kinderbetreuung und damit einhergehender reduzierter Erwerbstätigkeit. Vergessen wird jedoch oft, dass zwei Drittel aller Scheidungen vor dem 50. Altersjahr stattfinden. Zu einem Zeitpunkt also, in dem in der zweiten Säule typischerweise weniger als die Hälfte des künftigen Vorsorgeguthabens angespart wurde und entsprechend ein wesentlicher Teil des Sparprozesses noch bevorsteht.

Unterhaltszahlung hilft nur begrenzt
Die Kinderbetreuung fällt nach der Scheidung in etwa acht von zehn Fällen hauptsächlich den Müttern zu. Kann die kinderbetreuende Ex-Partnerin nach der Scheidung nicht Vollzeit arbeiten, erhöhen Unterhaltszahlungen die Neigung von Frauen zwar, individuell fürs Alter zu sparen – was tatsächlich zur Reduktion des Gender Pension Gap beitragen kann.

Allerdings, und jetzt kommt das große allerdings, erhält eine Mehrheit der befragten geschiedenen und teilzeitarbeitenden Mütter entweder keine solchen Unterhaltszahlungen oder kann trotz dieser nicht fürs Alter sparen. Somit gilt überwiegend: Der „Gender Pension Gap“ bei Geschiedenen bleibt daher vielfach weiter bestehen.

Rückzug vom Berufsleben wirkt nach
Zudem entstehen auch lange nach der Scheidung und der Kinderbetreuungsphase oft noch erhebliche Vorsorgelücken, weil auch viele geschiedene Frauen, die keine Kinder (mehr) betreuen, nicht Vollzeit arbeiten.

Obwohl eine Scheidung also tiefgreifende Konsequenzen für die Altersvorsorge hat, wird dieser Umstand häufig unterschätzt: Nur gut ein Fünftel der befragten Frauen hat sich während der Scheidung ernsthaft damit auseinandergesetzt. Lediglich 14 % haben sich laut Swiss Life vor der Scheidung zu den Auswirkungen auf die Altersvorsorge beraten lassen.

Fuß im Arbeitsmarkt behalten
Die Ergebnisse der Studie legen jedoch genau das nahe: Sich bereits im Rahmen einer Scheidung mit deren Auswirkungen auf die Altersvorsorge auseinanderzusetzen und sich rechtzeitig beraten zu lassen, lohnt sich. Aus Vorsorgeperspektive empfiehlt die Studie zudem, dass Frauen trotz der scheinbaren Sicherheit der Ehe – möglichst Vollzeit – im Arbeitsmarkt bleiben sollten.

Politik natürlich auch gefordert
Adressat dieser Empfehlung ist auch der Ehepartner, der so Swiss Life, „seinen Beitrag zu leisten hat, damit dies gelingen kann“. Politik und Arbeitgeber sind gemäß der Studie ebenfalls aufgefordert, den Verbleib von Müttern im Arbeitsmarkt zu fördern. Dies ermöglicht Frauen im Scheidungsfall nicht nur ein finanziell selbstbestimmteres Leben, sondern führt langfristig tendenziell auch zu tieferen Kosten im Umlageverfahren.

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