UK hängt den Kontinent ab

Rasche Impfungen könnten Wachstum ankurbeln und zu höheren Zinsen führen.

Raja Korinek. Während in der EU die Impfwelle zögerlich voranschreitet, hat sie in Großbritannien kräftig an Fahrt gewonnen. Und zwar derart, dass vor kurzem erste Lockerungsschritte gesetzt wurden. Damit dürfte die Wirtschaft rasch an Fahrt gewinnen. Davon ist Sandra Holdsworth, Head of Global Rates UK bei Aegon Asset Management, überzeugt.

Sie sagt, „die daraus resultierende Aufbruchsstimmung überträgt sich nun auf die Wirtschaft. Die jüngsten Einkaufsmanagerindizes zeigen, dass die Erwartungen für das verarbeitende Gewerbe auf einem Zwölfmonatshoch liegen und die Erwartungen für den Dienstleistungssektor sich nur knapp unter einem Zwölfmonatshoch befinden.“

So lag im März allein der Einkaufsmanagerindex für letzteren Bereich bei 56,3 Punkten, nach 49,5 Punkten im Feber. Damit wurde die Marke von 50 – ein Punktestand darüber deutet auf Wachstum hin – erstmals seit Oktober 2020 wieder überschritten. Mit einer Wiederbelebung der Konjunktur sollte auch die Inflation wieder anziehen. Der Entwicklung dürfte die Bank of England dabei nicht allzu lange zusehen, im Gegensatz etwa zur US-Notenbank, konstatiert Holdsworth. Und das aus gutem Grund, wie die Expertin ausführt.

Aufgrund des strengen Mandats muss die Bank of England nämlich rasch auf eine Inflationsrate von mehr als 2 % reagieren. Die britischen Währungshüter könnten deshalb den Leitzins als erste Notenbank in den westlichen Industriestaaten anheben, konstatiert Holdsworth und meint, in der Sitzung von kommendem Mai könnten die britischen Währungshüter immerhin erste Details über solch ein mögliches Vorhaben andeuten. „In Anbetracht der wirtschaftlichen Expansion in Großbritannien und des Mandats der Bank of England wäre es nicht ausgeschlossen, dass sie die erste Zentralbank sein wird, die von ihrem tiefen Notfall-Zinsniveau abrückt.“

Noch ist die aktuelle Rate – sie stieg im Feber um 0,7 % auf Jahresbasis – freilich ein gutes Stück von der Zielmarke entfernt. (Zahlen für März wurden am 21. April, somit nach Redaktionsschluss, veröffentlicht.) Doch das kann sich in einem Wirtschaftsaufschwung ändern. Immerhin rechnet man heuer beim US-Beratungshaus Deloitte mit einem BIP-Wachstum von 5,4 % nach einem Minus von 9,9 % im vergangenen Jahr.

Der Aufschwung dürfte sich auch im Wechselkurs widerspiegeln. Die Aussicht auf höhere Zinsen gegenüber der Eurozone und den USA könnte internationales Kapital anziehen und dem Pfund einen Schub verpassen. „Wir meinen, dass das Pfund gegenüber dem Euro bis weit in das zweite Quartal 2021 hinein weiter an Wert gewinnen wird“, so Tomasz Wieladek, Ökonom bei T. Rowe Price.

Weitere Pfund-Aufwertung
Interessant ist in diesem Zusammenhang der Blick auf die bisherige Entwicklung: Nach Ausbruch der Pandemie stieg der Euro auf 0,94 Pfund. Lediglich nach Ausbruch der Finanzkrise von 2008 war das Pfund noch tiefer gegenüber dem Euro gesunken. Seither hat sich der Kurs gegenüber dem Euro erholt. Doch es gibt auch Risiken. Bei der Deka Bank verweist man auf die schottischen Parlamentswahlen im Mai.

Je höher die Scottish National Party gewinnen werde, desto mehr dürfte der Druck auf Boris Johnson wachsen, einem Unabhängigkeits-Referendum der EU-freundlichen Schotten zuzustimmen. Sollte das Pfund dann allzu sehr unter Druck geraten, dürfte die Bank of England aber einer übermäßigen Abwertung entgegenwirken.

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