Neun Risiken, die uns bevorstehen können

Eine Analyse benennt drohende Gefahren, die sich in den kommenden Jahren auftun oder intensivieren könnten.

Emanuel Lampert. Frühe Anzeichen für neuartige Risiken sammeln, sie dann bewerten und priorisieren – das ist die Basis für eine Publikation, die der Rückversicherer Swiss Re alljährlich herausgibt. In der jüngst erschienenen 2021er-Auflage werden neun solche Risiken identifiziert und nach zwei Kriterien sortiert: dem Zeithorizont ihres möglichen Auftretens (innerhalb von drei Jahren oder auf längere Sicht) sowie ihren möglichen Auswirkungen (groß, mittel, niedrig).

„Neustart“-Risiko, Ende von Corona-Hilfen
Zwei Risiken fallen in die Kategorie „großes Auswirkungspotenzial“, beide haben mit Corona zu tun. Das eine könnte sich schon bald realisieren, nämlich Gefahren in Folge der Wiederaufnahme pandemiebedingt ausgesetzter Betriebstätigkeiten. So könnte es aufgrund mangelnder Wartung oder Überwachung vermehrt zu Schäden und Unfällen kommen.

Das andere Problem ist ein längerfristiges: Staatliche Corona-Unterstützung habe zwar vielen gesunden Unternehmen geholfen, aber auch unrentable, sogenannte „Zombiefirmen“, gestützt. Wenn die Unterstützung versiege und „Zombiefirmen“ insolvent würden, bestehe die Gefahr umfangreicher Ausfälle. Die Politik sollte daher „im Interesse einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung langfristig lebensfähige Unternehmen unterstützen und bei unrentablen Betrieben eine geordnete Umstrukturierung erleichtern“.

Einkommen und Gesundheit
Auch zwei „mittlere“ Risiken haben mit Corona zu tun. Eines bezieht sich auf Einkommensungleichheiten. „Die Covid-19-Lockdowns haben die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert“, so Swiss Re. Besonders bedenklich seien überproportional starke Auswirkungen auf die jüngeren Generationen, die bereits mit einem angespannten Arbeitsmarkt und mangelnden Berufsaussichten konfrontiert seien.

Zweites „mittleres“ Corona-Risiko: die langfristige Belastung, die Covid-19 für die Gesundheit bedeuten könnte. Der Erfolg der Impfprogramme hänge von vielen Faktoren wie etwa Mutationen oder der Impfbereitschaft ab. Zudem gebe es Unbekannte im Zusammenhang mit Langzeitfolgen einer Infektion. Dass die Pandemie zu Verschiebungen anderer nötiger Behandlungen führte, könne sich ebenfalls negativ auf das Gesundheitsniveau insgesamt auswirken. Dazu kämen noch Nebeneffekte der Pandemie, zum Beispiel psychische Probleme, Bewegungsmangel, Alkoholkonsum.

Wearables, ESG und gefährliche Stoffe
Ebenfalls als mittlere Risiken eingestuft sind drei weitere potenzielle Problemzonen. So könnten „Wearables“, Geräte für Gesundheitstracking, Risiken bergen, wenn sie zu falschen Gesundheitstipps führen oder der Datenschutz unzureichend ist. Zweitens: Lieferketten stehen unter Druck, Nachhaltigkeitskriterien („ESG“) einzuhalten, gerade auch mit Blick auf Ausbeutung von Arbeitskräften. Hier könnten sich Haftungsfragen auftun. Drittens schneidet der Bericht die Problematik von Produktion, Lagerung und Transport gefährlicher Materialien an und erinnert an die Explosion in Beirut 2020.

Neuartige Risiken durch neue Mobilitätsformen
Bleiben noch zwei Themen, denen die Analyse einen „geringen Impact“ zuschreibt. In vielen Städten gebe es bereits ausgeklügelte Mikromobilitätssysteme wie mietbare E-Scooter. „Für die Zukunft wäre es denkbar, selbstfahrende Lieferfahrzeuge oder sogar Optionen für den städtischen Luftverkehr, etwa Flugtaxis mit sauberem Antrieb, zu entwickeln.“ Herausforderungen seien ein sicheres Nebeneinander neuer und traditioneller Fahrzeuge sowie Datensicherheit, weil das Mietmodell vieler neuer Verkehrsangebote die Weitergabe persönlicher Informationen erfordere.

Als zweites Risiko in dieser Kategorie werden allfällige Defizite in der Diversität bei Produkttests und medizinischen Studien genannt. Hier geht es um die Frage, ob Faktoren wie Geschlecht oder Alter adäquat berücksichtigt werden.

Die Analyse „Sonar – New emerging risk insights“ kann von der Website der Swiss Re (www.swiss-re.com) heruntergeladen werden.

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