Aktuelle Chancen und Risiken für Anleger
Die wichtigsten Investmenttipps von Dadat-CEO Ernst Huber.
Julia Kistner. Nicht alles auf ein Pferd setzen, breit diversifizieren, und sich vor allem genauer mit den Unternehmen beschäftigen, in die man investieren möchte, rät Ernst Huber, CEO der Dadat-Direktbank, eines Tochterunternehmens der Grawe-Gruppe. Für Leser des Börsen-Kurier, speziell für die Neo-Aktionäre, hat der Kapitalmarktprofi jede Menge Anlagetipps parat, um sich für Zeiten zu wappnen, in denen die Kurse nicht mehr so munter weitersteigen.
Börsen-Kurier: Neoaktionäre, die nach dem Pandemie-Crash im März 2020 die Gunst der Stunde nutzten, um günstiger in den Börsenhandel einzusteigen, kennen bisher nur eine Richtung an den Kapitalmärkten: nach oben! Welche Tipps können Sie als routinierter Kenner den Einsteigern geben?
Ernst Huber: Jetzt, wo Ernüchterung einkehrt und nicht mehr alles nach oben geht, ist es wichtiger denn je, nicht alles auf ein Pferd zu setzen. Das hat vielleicht in den vergangenen zwölf Monaten so funktioniert: Gerade wenn es um das Thema Digitalisierung gegangen ist, liefen in diesem Bereich die Aktien jedes Unternehmens gut, das halbwegs erfolgreich oder auch neu an die Börse gegangen ist.
Börsen-Kurier: Und das geht nicht so weiter?
Huber: Ich glaube nicht, dass es so weiter geht. Irgendwann müssen sich die Kapitalmärkte wieder normalisieren. Deshalb: Nicht alles auf ein Pferd setzen, breit diversifizieren und sich mit den Unternehmen, in die man investiert, genau beschäftigen: sie analysieren, sich mit ihren Geschäftsmodellen vertraut machen. Können sie damit die großen Erwartungen, die an den Kapitalmärkten schon eingepreist sind, auch tatsächlich erfüllen? Und nicht einfach sagen, das ist jetzt eine spannende Aktie, weil sie mit Digitalisierung zu tun hat, die kaufe ich. Da gehört jetzt schon ein bisserl mehr dazu. Vielleicht ist es auch kein Fehler, hier und dort Gewinne mitzunehmen, nicht voll investiert zu sein und etwas abzuwarten.
Börsen-Kurier: Wie kann ich Neoaktionäre vom Diversifizieren überzeugen, die vor einem Jahr in Tesla investiert haben und 75 % Kursgewinn verbuchen? Dass sie einen Teil der Tesla-Aktien verkaufen und in andere Aktien streuen?
Huber: Wo man investiert sein will, muss zwar jeder für sich beurteilen. Ob es aber realistisch ist, dass jedes dritte gekaufte Auto ein Tesla sein wird, damit die aktuelle Marktkapitalisierung von Tesla auch gerechtfertigt ist, weiß ich nicht. Es ist vor allem auch sehr viel Fantasie in den neuen Unternehmen gewesen, die frisch auf den Markt gekommen sind. Vielleicht ist jetzt wieder einmal die Zeit gekommen, wo auch die Old Economy ein Stück des Weges gehen darf. Auch sie hat sehr viel im Bereich Digitalisierung und E-Autos gemacht. Natürlich ist es schön, bei dem jüngsten Börsenboom gleich zu Beginn dabei gewesen zu sein. Aber irgendwann ist die Entwicklung auch vorbei. Man sollte sich fragen: Wieviel ist mir das hohe Risiko noch wert? Ist es nicht schlauer, hier etwas vorsichtiger und konservativer unterwegs zu sein? Ich würde meinen, ja.
Börsen-Kurier: Viele Neo-Aktionäre haben sich noch nie mit den Bilanzen der Unternehmen befasst, in die sie investiert haben. Nehmen wir wieder das Beispiel Tesla und seine Milliardengewinne. Muss man sich nicht auch anschauen, woher die Gewinne kommen? Bei Tesla sind ja auch die Kryptowährungs-Gewinne und Einnahmen aus dem Handel mit CO2-Zertifikaten beträchtlich. Die klassischen Autobauer verdienen hingegen mit ihrem Stammgeschäft mehr, weil die Margen bei Verbrennern noch höher sind.
Huber: Da tue ich mir jetzt schwer. Ich habe mir den Milliardengewinn von Tesla nicht im Detail angesehen. Tesla ist eine Wette, ob die großen Erwartungen am Ende des Tages erfüllt werden können und damit den hohen Kurs rechtfertigen. Damit habe ich meine Probleme. Ich würde persönlich eher in konservative, defensivere, gute Werte diversifizieren.
Börsen-Kurier: Natürlich muss man innerhalb der Assetklasse Aktien streuen. Aktien alleine sind aber wahrscheinlich auch nicht die Lösung. Was empfehlen Sie da?
Huber: Ich kann nur sagen, wie ich es selber machen würde. In meinem Portfolio spielen Aktien natürlich eine Rolle, das ist über-haupt kein Thema. Generell Unternehmensbeteiligungen, ob das jetzt eine Aktie ist oder andere außerbörsliche Möglichkeiten. Beim einen oder anderen Fintech möchte ich mit kleineren und mittleren Beträgen mitmachen. Seit mehr als 20 Jahren ist für mich auch Gold ein Thema. Gold als Versicherung dazu zu nehmen, halte ich in diesen turbulenten, volatilen, etwas spinnerten Zeiten, die wir erleben, immer noch für sehr gescheit. Ich würde 10 bis 15 % Gold beimischen. Und dann ist auch die Möglichkeit einer Immobilie, wenn sie sich ergibt, nie falsch gewesen. Die eigene Wohnung, das eigene Haus, um breit diversifiziert zu sein. Wir wissen aber, dass hier die Preise stark gestiegen sind. Ich sage immer, das ist die wirkliche Inflation, die wir haben: die Steigerung der Sachwertpreise, also bei Immobilien und Aktien. Zertifikate sind auch ein guter Weg, um in Aktien mit einer gewissen Absicherung zu investieren. Keine Rolle spielen bei mir Anleihen, weil ich einfach sage, das ist ein zinsloses Risiko, das brauche ich nicht eingehen. Eine tolle Möglichkeit ist auch, Aktien über Fonds und ETFs breit zu spielen, je nach Geschmack. Am Sparkonto muss ich natürlich einen Notgroschen haben. Wie hoch der ist, drei Monatsgehälter oder mehr, muss jeder für sich je nach seinem Risiko und seiner Risikobereitschaft entscheiden. In Summe hat man so eine ganz ordentliche Diversifikation beisammen.
Börsen-Kurier: Diversifizieren Sie auch in der Währung, oder sagen Sie: Dort wo ich meine Ausgaben habe, da investiere ich auch?
Huber: Dadurch, dass man in verschiedene Aktien, Fonds oder Märkte investiert ist, hat man das Währungsrisiko automatisch gestreut. Da hat man einen Dollar sehr stark drinnen im Portfolio, aber auch einen Schweizer Franken. Auch bei Gold diversifiziert man am Ende des Tages in den Dollar.
Börsen-Kurier: Wie stehen Sie zu Kryptowährungen als Anlage?
Huber: Natürlich beschäftige ich mich mit Kryptowährungen. Das muss man auch als CEO einer Direktbank. Die Nachfrage ist ja da, die Kuh wird durchs Land getrieben. Das ist für mich aber nach wie vor ein Thema, das nicht greifbar ist, in das ich keinen größeren Betrag investieren würde. Für mich persönlich ist es reine Spekulation, eine Wette auf Nichts. Man kauft sich hier Energieverbrauch. Für mich ist es weniger als das Papier, das sich Geld nennt.
Börsen-Kurier: Merken Sie als Dadat ein verändertes Anlageverhalten der Kunden?
Huber: Schon. Zwar wird seit zwei Jahrzehnten konstant der deutsche Markt am stärksten gehandelt. Er macht von den Aktientransaktionen unserer Privatkunden etwa 40 % aus. Es werden schon deshalb gerne deutsche Unternehmen gekauft, weil sie der Österreicher aufgrund der geografischen Nähe gut kennt. An zweiter Stelle ist dann die Wiener Börse mit 25 und 30 %. Und fast gleichauf ist der amerikanische Markt. Gerade in den USA werden die Internetgiganten und die ganzen Technologieunternehmen, die neu an die Börse gekommen sind, ganz stark gehandelt. Was sich aber stark verändert hat ist, dass wesentlich mehr ETFs gehandelt werden. Sie werden nicht nur für die Langfristanlage, sondern teilweise auch fürs Daytrading verwendet. Bei klassischen Fonds gegen ETFs spürt man einen ganz starken Schwenk.
Foto: Dadat Bank / Weissbild