Wenn Maschinen zu Anlegern werden
Manche Fondsmanager vertrauen lieber auf die künstliche Intelligenz als auf ihr Bauchgefühl.
Raja Korinek. Die globale Finanzwelt steht vor einem großen und langjährigen Paradigmenwechsel. Das Zinstief dürfte allein in den USA bereits im kommenden Jahr zu Ende gehen. Andere Länder, wie Neuseeland und Norwegen, haben zuletzt ihren Leitzins bereits angehoben. Auch der langjährigen Hausse bei vielen Wachstumswerten wird gerade deshalb ein getrübter Ausblick von vielen Experten eingeräumt. Viele Anleger setzen bei einem Investment mit Growth-Aktien nämlich auf die künftige Gewinnentwicklung, die sich aus heutiger Sicht im Hinblick steigender Zinsen freilich schmälert.
Obendrein steigen die Inflationsraten sowie Lieferengpässe, und sorgen für Schwankungen an den Börsen. Schließlich ist die Unsicherheit groß, wie manch ein Unternehmen mit den steigenden Einkaufspreisen umgeht. Deshalb wird auch das Umfeld für Anleger zunehmend schwierig.
Maschinengesteuerte Investments
Martin Stürner, er ist CEO der PEH Wertpapier AG, wählt mit dem Mischfonds „PEH Empire“ (ISIN: LU0086120648) eine ganz eigene Strategie, um Börsenschwankungen möglichst ruhig zu durchtauchen. Er lässt seit 2016 die künstliche Intelligenz (KI) Investmententscheidungen treffen – und nicht sein Bauchgefühl, wie er im Gespräch mit dem Börsen-Kurier sagt. Um dies zu ermöglichen, werden jede Menge Mikro- und Makrodaten gesammelt und von der KI ausgewertet. Dazu zählen betriebswirtschaftliche Kennzahlen von Unternehmen sowie Zinsdaten, aber auch weitere volkswirtschaftliche Kennzahlen. Obendrein werden quantitative Daten gesammelt, die eine Einschätzung zur aktuellen Marktstimmung widerspiegeln.
Freilich, angesichts des niedrigen Zinsumfelds, gepaart mit einem nahenden Ende der ultralockeren Geldpolitik investiert der Fonds derzeit nicht in Anleihen, womit auch der Makroaspekt kaum eine Rolle spielt. Eine umso größere Gewichtung erhalten derzeit Auswertungen letzterer zwei Bereiche.
Kein Platz für Anleihen
Das konkrete Ergebnis: Aktuell sind knapp weniger als 85 % in Aktien investiert, ein weiterer Teil in Cash. Umgesetzt wird die Aktienquote stets mit hochliquiden und groß kapitalisierten Titeln. Dazu zählen Microsoft (US5949181045), Apple (US0378331005) und Amazon (US0231351067). Und um ganz auf Nummer Sicher zu gehen werden auch besonders günstige Put-Optionen gekauft. Mit diesen Derivaten wird das Portfolio gegen Rücksetzer abgesichert.
Bislang habe sich der Lerneffekt der KI bewiesen, zieht Stürner ein klares Fazit und verweist auf ein konkretes Beispiel aus der Vergangenheit: Erst im November 2020 habe das System grünes Licht für den Aufbau der Aktienquote geben – eine Entscheidung, die sich rückblickend als richtig erwiesen hat. Damals wurden nämlich erstmals Erfolgsmeldungen bei einem Corona-Impfstoff vermeldet, ein Umstand, der eine neue Aktienrallye auslöste.
Soziale Netze im Fokus
PEH-Chef Stürner steht mit dem Einsatz der KI freilich nicht alleine da. Auch die deutsche Fondsboutique Acatis greift zum Beispiel teils auf maschinellen Einsatz zurück, etwa im Acatis AI Buzz US Equities“ (DE000A2JF683). Unter Einsatz von KI werden Online-Beiträge zu US-Aktien aus Quellen wie Social Media, Nachrichtenportalen und Blogs ausgewertet, zu denen unter anderem Twitter zählt. Aus einer Fülle an Meinungsäußerungen identifiziert die KI Aktien mit der höchsten positiven Investorenstimmung. Zu den größten Fondspositionen zählen Tesla (US88160R1014) und Plug Power (US72919P2020).
Foto: AdobeStock / fredmantel