Die Fed sorgt für Klarheit

Die geldpolitische Wende der US-Notenbank ist besiegelt. Was kommt nun?

Michael Kordovsky. Die US-Notenbank Fed hat beschlossen, ihre derzeit monatlichen Anleihenkäufe in Höhe von 120 MrdUSD mit November um monatlich 15 MrdUSD zu drosseln. Sollte sie dieses Tempo beibehalten, dann enden im Juni 2022 die Anleihenkäufe. Dieser Schritt sei bereits monatelang im Vorfeld diskutiert worden und es gab triftige Gründe, denn: Der Arbeitsmarkt normalisiert sich. So wurden im Oktober in den USA außerhalb der Landwirtschaft 531.000 Stellen geschaffen und die Arbeitslosenquote erreichte mit 4,6 % den niedrigsten Stand seit März 2020. Das US-BIP hat das Vorkrisenniveau wieder überschritten und die Inflationsrate stieg von September auf Oktober von 5,4 % auf ein 31-Jahres-Hoch von 6,2 %. Sollte sich die Inflation weiter beschleunigen, ist sogar ein früheres Ende der Anleihenkäufe denkbar.

Selbst in der Eurozone hat mittlerweile (Oktober) die Inflationsrate 4,1 % erreicht. Das Ende des Pandemie-Anleihenkauf-Programms ist für März vorgesehen. Das verschafft im Markt Klarheit, weshalb die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen auf Monatsbasis kaum noch stiegen (+3 Basispunkte auf 1,56 %). In Großbritannien waren die Renditen im gleichen Zeitraum per 12.11. bereits um 18 Basispunkte auf 0,91 % rückläufig und bei zehnjährigen deutschen Bundesanleihen um 13 Basispunkte auf minus 0,26 %.

Erwartete Leitzinsanhebung der Fed
Quer durch Osteuropa, insbesondere Russland, aber auch in Australien und Neuseeland hat bereits ein neuer Zyklus steigender Leitzinsen begonnen. In den USA nähern wir uns mit Riesenschritten diesem Ereignis, weshalb die aktuellen Staatsanleihen-Renditen in den USA nach wie vor moderat sind. Sollte die US-Wirtschaft in der Lage sein, weiterhin ein überdurchschnittliches Wachstum aufrechtzuerhalten, dann wird die bereits vorhandene Personalknappheit am Arbeitsmarkt noch größer und das Inflationsziel von 2 % bleibt überschritten. Eine Lohn-Preis-Spirale wäre die Folge und 2022 wäre das Jahr der ersten Leitzinsanhebung.

Allerdings preisen die Terminmärkte für die kommenden drei Jahre nur Leitzinsanhebungen von 150 Basispunkten ein. Hier spielen noch die Pandemie-Unsicherheit und die rapide Konjunkturabkühlung in China mit hinein. Vor allem aus China könnte im Falle eines Zusammenbruchs des Immobilienmarktes und daraus resultierend einer Bankenkrise Ungemach kommen. Auch der geopolitische Konflikt um Taiwan ist nicht zu unterschätzen. Auf jeden Fall existiert eine Reihe konjunktureller Fragezeichen.

Unter den aktuellen Rahmenbedingungen war per 12.11. am Terminmarkt eine erste Leitzinsanhebung für die Fed-Sitzung am 15. Juni 2022 mit einer Wahrscheinlichkeit von 71,5 % eingepreist. Davon fallen 49,6 % Wahrscheinlichkeit auf eine Anhebung um 25 Basispunkte und 19,3 % um 0,5 Basispunkte, während noch vor einem Monat die Wahrscheinlichkeit unveränderter Leitzinsen zu diesem Termin mit 61,9 % beziffert wurde – so die aus Fed-Fund-Futures-Daten abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten des FedWatch-Tools der CME Group.

Weitere Schritte der EZB
Im Euroraum liegt indessen eine Leitzinsanhebung noch in weiter Ferne. Doch laut Medienberichten verwies OeNB-Gouverneur Robert Holzmann im Rahmen einer Veranstaltung in London darauf, dass das 2015 eingeführte Programm zum Ankauf von Vermögenswerten („Asset Purchase Program“, APP) darauf ausgelegt worden sei, den Anstieg der Verbraucherpreise wieder auf 2 % zu heben. „Der Wegfall der Bedingung und damit das Ende des Programms könne also – je nach Inflationsentwicklung – im September oder Ende des Jahres 2022 kommen“, so seine Einschätzung. Im Rahmen dieses regulären Anleihenkauf-Programms erwirbt die Europäische Zentralbank monatlich Wertpapiere (öffentliche Anleihen, Asset Backed Securities „ABS“, Unternehmensanleihen und besicherte Anleihen) in Höhe von 20 MrdEuro.

Erst wenn dieses Programm eingestellt ist, dann sind die Leitzinsen ein Thema. Aber bevor der Hauptrefinanzierungssatz von derzeit 0 % angehoben wird, erfolgt noch eine Korrektur des negativen Zinssatzes für die Einlagenfazilität von -0,50 %. Nach Einschätzung des Autors kommt es frühestens 2023 zu einer ersten Anhebung des Hauptrefinanzierungssatzes der EZB.

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