Erholungsphase des Einzelhandels in Gefahr

Nach beschwingtem Herbst droht ein schwaches Weihnachtsgeschäft.

Michael Kordovsky. Hoffnungsvolle Impulse im Herbst zeigt der Einzelhandel in den USA und in Europa. Doch der Lockdown in Österreich verunsichert weltweit und drückte am vergangenen Freitag sogar die Wall Street ins Minus. Das ist einzigartig, denn ansonsten tangieren die Ereignisse im sogenannten „Zwergenland“ die Wall-Street-Größen nicht im Geringsten. Doch rückläufige Renditen am langen Ende trotz der höchsten Inflation seit 1990 könnten Vorboten einer globalen Welle an Lockdowns sein, die – sollten sie in anderen europäischen Ländern und Teilen der USA und Chinas noch umgesetzt werden – das Weihnachtsgeschäft des stationären Handels regelrecht verhageln könnten, während der Online-Handel erneut einen Umsatzschub erfahren würde.

Noch ein erfreulicher Herbstbeginn im Einzelhandel
In den USA war im Oktober die Welt noch einigermaßen in Ordnung, als sich das jährliche Umsatzwachstum des Einzelhandels plus Gastronomie von September auf Oktober von 14,3 auf 16,3 % beschleunigte, verglichen mit dem Plus des Dreimonatsschnitts August bis Oktober um 15,4 %. Ohne Treibstoffabsatz der Tankstellen und ohne Motorfahrzeuge und Autoersatzteile lag die Veränderung (August bis Oktober) noch immer bei 14,3 %. Nimmt man den reinen Einzelhandel, beschleunigte sich dessen Zuwachs von September auf Oktober von 12,5 auf 14,8 %. Ebenfalls noch eine kleine positive Überraschung brachten im Oktober die chinesischen Einzelhandelsumsätze, die mit 4,9 % Jahreswachstum über den Schätzungen der von Reuters befragten Experten lagen, die nur von 3,5 % ausgingen, während die Wachstumsrate im September bei 4,4 % lag. Nimmt man den Euroraum, dann erholten sich die Einzelhandelsabsätze im September mit plus 2,5 % etwas von der Schwäche im August (1,5 % Wachstum). Während die Absatzvolumina von Nahrungsmitteln, Getränken und Tabakwaren stagnieren (+0,5 % im September nach -1,3 % im August, Jahresbasis), zeigt der gesamte Einzelhandel infolge der starken Impulse des Versand- und Interneteinzelhandels noch ein Plus von 2,5 %. In den Monaten Juli bis September durchgehend zweistellige Zuwächse verzeichneten die Absatzvolumina im Einzelhandel der Länder Kroatien, Litauen und Malta, während folgende Länder im September sogar auf Jahresbasis rückläufige Absatzvolumina erlitten: Deutschland (-1,1 %), Österreich (-0,3 %) und Spanien (-0,1 %). Deutschland fällt hier schon mal als Konjunkturlokomotive aus und entwickelt sich gemeinsam mit Österreich immer mehr zum „Lockdown-Gebiet“.

Onlinehandel profitiert von Lockdowns
Mittlerweile macht das Coronavirus wieder einen Strich durch die Rechnung. Weltweit mehren sich die Lockdowns.

Die Gewinner sind die Online-Händler. Der Internetriese Amazon verzeichnete beispielsweise in den ersten drei Quartalen 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 27,6 %. Im Euroraum verzeichnete indessen der Versand und Internet-Einzelhandel in den Monaten August und September 2021 gegenüber den Vorjahresmonaten noch ein Plus von jeweils 7,2 bzw. 8,8 %.

Es ist zwar bereits eine Verlangsamung der einst zweistelligen Zuwächse, dennoch zeigt sich noch weiter der Trend zu einer Verlagerung der Umsätze vom stationären Einzelhandel in den Online-Handel, eine Entwicklung, die sich mit zunehmenden Lockdowns zum Weihnachtsgeschäft weltweit noch beschleunigen könnte.

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