Was für Europa-Aktien spricht
Günstige Bewertungen und erfolgreiche Weltmarken sprechen derzeit für den Alten Kontinent.
Raja Korinek. Das aktuelle Umfeld trübt sich weltweit wieder ein Stück ein, denn das Coronavirus breitet sich verstärkt aus. Neue Lockdowns werden in Teilen der Welt umgesetzt, während anhaltende Probleme, zu denen Lieferengpässe und ein Mangel an Halbleitern zählen, noch nicht gelöst sind. Umso mehr sollten Anleger auf Qualitätsaktien achten, die robuste Wachstumsperspektiven aufweisen. Ein Blick auf Europas Märkte könnte in diesem Zusammenhang besonders interessant sein. Die Region ist verhältnismäßig günstig bewertet, vor allem im Vergleich zu den US-Börsen, weshalb Experten Aufholpotenzial orten.
Laut JP Morgan Asset Management liegt am MSCI Europe die 12-Monats-Gewinnprognose je Aktie bei 110 € und damit beinahe wieder auf dem Rekordhoch aus den Jahren 2007 bis 2008 von rund 120 € je Aktie. Das KGV liegt zudem bei rund 15, und damit nur knapp über dem langfristigen Schnitt von 14,4.
IT: Teuer aber begehrt
Besonders teuer sind in Europa IT-Titel (mit einem KGV von 32) und Industrieaktien (mit einem KGV von 21) bewertet. Am unteren Ende des Spektrums sind Finanz- und Energiewerte angesiedelt.
Die relativ höhere Bewertung bei IT-Titeln hält Experten aber nicht von Investments in diesem Sektor ab. Giovanni Trombello, Portfoliomanager für europäische Wachstumsaktien bei der Allianz Global Investors (AllianzGI), verweist etwa auf ASML (ISIN: NL0010273215) aus den Niederlanden. Der Titel ist die größte Position im „Allianz Europe Equity Growth“ (LU0256839191).
Europas Chipmarkt im Fokus
ASML ist obendrein weltweit größter Anbieter von Lithographie-Systemen für die Halbleiterindustrie. „In manchen Geschäftsbereichen ist der Konzern praktisch Monopolist“, ergänzt Trombello. Er verweist mit dem Chipproduzenten Infineon (US45662N1037) auf ein weiteres Unternehmen aus dem Technologiesektor. Der Konzern produziere zu verhältnismäßig niedrigen Kosten und konnte zuletzt Marktanteile zugewinnen.
Auch das Geschäftsmodell des Softwareanbieters SAP (DE0007164600) gefällt Trombello, zumal die Bereitschaft zu einem Konkurrenten zu wechseln, wenn die Software einmal installiert ist, gering sei. Solch ein Umstand biete gute Visibilität für künftige Gewinnprognosen. Überhaupt entfällt auf den IT-Sektor gut ein Drittel des Fondsvermögens. Die Gewichtung ist damit praktisch doppelt so hoch wie im Vergleichsindex, dem „S&P Europe Large Mid Cap Growth Total Return Net Index“. Die zweitgrößte Branchengewichtung entfällt auf die Industrie, etwa mit Kingspan (IE0004927939), dem irischen Hersteller von Dämmmaterial.
Innovative Pharmawerte punkten
Und wie sieht es bei Mitwerbern aus? Auch im „JPMorgan Funds – Europe Strategic Growth Fund“ (LU0210531801) nimmt ASML die größte Gewichtung ein. Pharmatitel wie die Schweizer Roche und Novo Nordisk aus Dänemark zählen ebenfalls zu den Top-Positionen. Letzteres Unternehmen ist vor allem mit seinen Diabetesmedikamente weltweit gut aufgestellt. Roche verdient derzeit unter anderem an seinen Covid-19-Tests.
Im „Seilern Europa Fonds“ hat Fondsmanager Tassilo Seilern großes Augenmerk auf den französischen Softwarekonzern Dassault Systèmes (FR0014003TT8) sowie den Schweizer Chemiekonzern, die Lonza Group (CH0013841017) gelegt. Unter anderem produziert Lonza den mRNA-Impfstoff für Moderna (US60770K1079).
Alles in allem hat Europa erfolgreiche Weltkonzerne. Doch ein flächendeckender Lockdown würde auch die Region härter treffen.
Foto: Adobe Stock / Romolo Tavani