Totgesagte steigen länger
Grünem Wasserstoff wird unverändert großes Potenzial eingeräumt.
Raja Korinek. Anleger von Aktien aus der Wasserstoffbranche mussten gleich zu Jahresbeginn herbe Kursrücksetzer wegstecken – entgegen dem allgemeinen Markttrend. Beispiele gibt es zahlreiche, darunter etwa die norwegische Nel ASA (ISIN: NO0010081235), diese liefert Lösungen für die Herstellung grünen Wasserstoffs. Dessen Aktienkurs verlor auf ein Jahr – auf Eurobasis – rund 35 %.
Der Grund für die schweren Kursverluste bei vielen „Pure Playern“ liegt in den aufkeimenden Sorgen einer Zinswende aufgrund des anziehenden Wirtschaftsaufschwungs. Höhere Zinsen verteuern die Finanzierungskosten insbesondere von jungen Wachstumsfirmen, die meist hohe Schulden haben, zumindest aber noch keine Gewinne schreiben.
Langfristige Chancen noch immer intakt
Doch die langfristigen Aussichten für die Wasserstoffbranche sind intakt, sind sich Experten sicher. Schließlich wird grüner Wasserstoff als Teil der Klimawende gehandelt und mittels Elektrolyse hergestellt. Bei diesem Verfahren wird Wasser mit dem Einsatz von grünem Strom in seine Bestandteile – Wasserstoff und Sauerstoff – zerlegt, zeigt Benjamin Kelly, Senior Analyst bei Columbia Threadneedle auf.
„Es ist eine Technologie, die enorme Wachstumsmöglichkeiten bietet. Der Markt ist allerdings noch nicht in der Form gereift, dass alle Anwendungen umgesetzt werden können“, konstatiert KPMG-Partner Victor Purtscher den derzeitigen Marktreifegrad der Wasserstoffindustrie. Die Innovationen reichen derzeit jedenfalls vom Einsatz im Transport (mittels Brennstoffzellen), bis hin zur Wärmeerzeugung und der Herstellung von Stickstoffdüngemittel.
Auch wenn Vieles noch in den Kinderschuhen steckt, haben Staaten und Unternehmen das Potential längst entdeckt. Sämtliche großen Wirtschaftsnationen der Welt haben eigene Wasserstoffstrategien entwickelt, wobei ein globaler Wettkampf um die Führungsrolle zwischen der EU, den USA sowie China erkennbar ist, heißt es weiters bei KPMG.
Transaktionen schnellen hinauf
Auch das Transaktionsvolumen am Markt ist stark nach oben geschnellt, wobei die Deals vor allem von etablierten Unternehmen angetrieben werden, die ihre Geschäftsmodelle mit dem Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft diversifizieren wollen. So kaufte heuer beispielsweise der französische Industriegase-Hersteller Air Liquide (FR0000120073) die H2VNormandy SAS, einen Betreiber von Elektrolyseanlagen. Insgesamt lag laut S&P Capital IQ im ersten Halbjahr 2021 das Transaktionsvolumen bei 4 Mrd Euro weltweit, nach 3,3 Mrd Euro im Jahr 2020. Tendenz weiter steigend.
Air Liquide ist im Übrigen Teil des „VanEck Vectors Hydrogen Economy UCITS ETF“ (IE00BMDH1538), genauso wie der Konkurrent Linde (IE00BZ12WP82). Doch die größte ETF-Gewichtung entfällt derzeit mit rund 15 % auf den US-amerikanischen Brennstoffzellenhersteller Plug Power (US72919P2020). Überhaupt nehmen die USA in dem ETF, in dem insgesamt 25 Titel enthalten sind, die größte regionale Gewichtung ein.
Weniger USA, mehr Europa
Sie fällt im „L&G Hydrogen Economy UCITS ETF“ (IE00BMYDM794) mit rund 24 % weitaus geringer aus, gefolgt von Großbritannien und Deutschland. Auch hier entfällt die größte Einzelgewichtung der insgesamt 32 Titel auf Plug Power. Andere Beispiele sind etwa Bloom Energy (US0937121079), das mittels Brennstoffzellen Energie zur Verfügung stellt, sowie Toyota Motors (US8923313071). Der japanische Automobilkonzern verkauft unter anderem Brennstoffzellenboliden.
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