Hilfe zur Vorsorge oder „Geschenk an Superreiche“?

Die Pläne von Finanzminister Magnus Brunner sorgen nach der Ankündigung in der Vorwoche für reichlich Diskussionsstoff.

Emanuel Lampert. Die Wirtschaftskammer, die Sparte Bank und Versicherung und der Fachverband der Pensionskassen und die Industriellenvereinigung haben die Ankündigung einer KESt-Befreiung mit Behaltefrist begrüßt. Dies würde Kapitalmarkt und Vorsorge fördern. Für die AK Oberösterreich handelt es sich dagegen um ein „ökonomisch unsinniges Steuergeschenk an die reichsten zehn Prozent der Haushalte und die Finanzindustrie“. Sie will stattdessen eine Senkung der Abgaben auf Arbeit und „eine echte Steuerstrukturreform mit höheren Beiträgen der Reichsten“.

WKÖ-Kopf: Wäre wesentlicher Beitrag für Altersvorsorge
Seitens der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) begrüßte Generalsekretär Karlheinz Kopf den Vorstoß: „Das schafft eine Win-Win-Situation für einen wettbewerbsfähigen Kapitalmarkt und die Eigenvorsorge-Landschaft in Österreich.“

„Die längerfristige Risikoübernahme am Kapitalmarkt wird durch Freistellung von der Kapitalertragsteuer attraktiv gemacht“, so Kopf. Zugleich verlieh er der Forderung nach einer Steuerbegünstigung auch für langfristig gehaltene Unternehmensbeteiligungen Nachdruck.

„Anreize wie diese“, so Kopf, „können für die Bürgerinnen und Bürger einen wesentlichen Beitrag leisten, die eigene Altersvorsorge auf solide und nachhaltige Beine zu stellen.“

Sparte Bank und Versicherung: „Wichtige Incentives“
Die WKÖ-Bundessparte Bank und Versicherung führte in dem Zusammenhang auch den Klimaaspekt ins Treffen: Die „Klimatransformation“ berge „gewaltiges Potential“, brauche aber einen leistungsfähigen Kapitalmarkt.

Mit dem Instrument der Behaltefrist „können Milliarden für diese Transformation in eine grüne Zukunft mobilisiert werden“, argumentiert Spartengeschäftsführer Franz Rudorfer.

Ergänzt um eine Steuerbefreiung nachhaltiger Lebensversicherungs- und Pensionskassenprodukte, könne ein „gewaltiger Schub in ein nachhaltiges Österreich“ gelingen, wie es in der Aussendung weiter heißt. So würden „wichtige Incentives, Vorsorge und Altersvorsorge nachhaltig zu ergänzen“, geschaffen.

Pensionskassen: „Gutes Signal“ des Finanzministers
„Eine steuerliche Entlastung für Investitionen in die eigene Vorsorge mit einer Behaltefrist für Wertpapiere, um reiner Spekulation vorzubeugen, ist ein Schritt in die richtige Richtung“, bekundete auch Andreas Zakostelsky, der Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen, Unterstützung.

Denn neben der staatlichen und der betrieblichen sei die private Altersvorsorge ein wichtiger Baustein der Pensionsvorsorge. „Als nächster Schritt muss ein Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge angegangen werden“, so Zakostelsky.

AKOÖ: Steuergeschenk an Reiche und Finanzindustrie
Ablehnend reagierte die Arbeiterkammer Oberösterreich: Sie bezeichnet die Behaltefrist in einer Aussendung als „Spekulationsfrist“, die ihrer Ansicht nach „ein bis zu 300 Mio Euro teures und ökonomisch unsinniges Steuergeschenk an die reichsten 10 % der Haushalte und die Finanzindustrie“ wäre.

Die Pandemie habe sich ökonomisch unterschiedlich ausgewirkt, Personen mit höheren Ersparnissen und höherem Vermögen seien weniger betroffen als jene, die von ihren monatlichen Arbeitseinkommen abhängig sind, so die AKOÖ.

„Dass man ersteren jetzt auch noch zusätzlich die Steuer auf Kursgewinne schenken will, ist ein Schlag ins Gesicht für den Großteil der Bevölkerung, der über keine wesentlichen Kapitalanlagen verfügt“, meint Andreas Stangl und fordert stattdessen „eine echte Steuerstrukturreform mit höheren Beiträgen der Reichsten“.

An Stelle der nun angekündigten Maßnahme hielte es die AKOÖ für sinnvoller, „die Abgaben auf Arbeit zu senken und einen nachhaltigen und echten Ausgleich der ‚kalten Progression‘ durchzuführen“.

IV: Unterstützung für Altersvorsorge
Für die Industriellenvereinigung (IV) rückte am Samstag Generalsekretär Christoph Neumayer aus: Anreize für langfristigen Vermögensaufbau und Veranlagung in Wertpapiere seien „ein Gebot der Stunde“.

„Es geht darum, Menschen zu unterstützen, die bereit sind, langfristig, gerade auch in ihre Altersvorsorge, zu investieren“, so Neumayer. „Genau das ermöglicht die Behaltefrist, die jene unterstützt, die dies aus bereits versteuertem Arbeitseinkommen tun.“

Die Industrie plädiert außerdem dafür, „auch langfristig gehaltene Unternehmensbeteiligungen zu stärken“. In der Mitarbeiterbeteiligung, sagt Neumayer, „liegt ein weiterer Schlüssel, der das Mindset der Menschen ändern kann und hervorragend funktioniert“.

Foto: Wiener Börse AG