Spannende Börsendebüts 2022

Vor allem im Technologiesektor wird heuer eine rege IPO-Tätigkeit erwartet.

Patrick Baldia. Auch wenn die Corona-Pandemie in den ersten Tagen 2022 die Schlagzeilen dominiert und für reichlich Verunsicherung sorgt – Stichwort Omikron -, so scheint sie zumindest bereits im Vorjahr für den IPO-Markt deutlich an Schrecken verloren zu haben. „Noch nie gingen so viele Unternehmen an die Börse wie 2021, und auch das dabei eingesammelte Kapital war noch nie höher“, hält Andrey Wolfsbein von Freedom Finance im Gespräch mit dem Börsen-Kurier fest. Konkret wurden laut dem „Global IPO Update“ von Ernst & Young (EY) fast 2.400 Börsendebüts gezählt, was einem Plus von 64 % gegenüber 2020 entspricht. Das globale Emissionsvolumen stieg sogar um 67 % auf mehr als 450 MrdUSD.

Mit einer Bewertung von 100 MrdUSD am ersten Handelstag legte der US-Elektroautohersteller Rivian (ISIN: US76954A1034) den größten Börsengang des Jahres hin. Damit ist das Unternehmen der zweitwertvollste US-Automobilhersteller hinter Tesla – und zwar noch vor renommierten Playern wie Ford oder General Motors. Die größte Rendite konnten Anleger mit einem Technologieunternehmen erzielen: der Aktienpreis des Fintechs Affirm (US00827B1061) stieg im Vergleich zum Emissionspreis um fast 210 %.

Insgesamt drängte es 2021 vor allem Unternehmen aus dem Technologiesektor an die Börse – konkret mehr als 400. Auch heuer werden einige interessante IPOs aus dem Bereich erwartet. Für Wolfsbein zählt dazu die digitale Zahlungsplattform Stripe, die bereits in mehr als 120 Ländern genutzt wird. „Dadurch, dass das Unternehmen zuletzt bereits mit 100 Mrd Euro bewertet wurde, könnte dieser IPO eines der größten Angebote überhaupt werden“, meint der Experte. Vor seinem Börsenstart steht mit der mobilen Bankplattform Chime, die einschlägige Dienstleistungen anbietet, ohne dabei über physische Standorte zu verfügen, ein weiteres Fintech. Beobachter rechnen mit einem Emissionserlös zwischen 35 und 45 MrdUSD.

Eine interessante Möglichkeit für Anleger könnte auch der IPO von Databrics darstellen. Das Unternehmen, das Software zur schnellen Verarbeitung großer Datenmengen und deren Aufbereitung für Analysten entwickelt, habe bereits einen Stamm von mehr als 5.000 Kunden und zähle unter anderem Microsoft und Amazon zu seinen Klienten, so Wolfsbein. Laut Medienberichten könnte die Bewertung beim IPO zwischen 35 und 50 MrdUSD ausmachen. Eine Überlegung wert könnte auch Instacart sein. Der Online-Lebensmittellieferdienst ist allein in den USA für 85 % der Haushalte verfügbar und wurde zuletzt mit 39 MrdUSD bewertet.

„Die digitale Transformation der Wirtschaft hat durch die Pandemie einen enormen Schub bekommen. Zudem ist die Bereitschaft stark gestiegen, etablierte Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und auch radikale Maßnahmen einzuleiten, um die Zukunftsfähigkeit und Agilität von Unternehmen zu sichern“, erklärt Gerhard Schwartz, Partner und Leiter des Assurance-Bereichs bei EY Österreich, den steten Zustrom von Börsenneulingen aus dem Tech-Bereich. Nur zwei Beispiele für zwei weitere für 2022 erwartete IPOs: Uhde Chlorine Engineers, die Wasserstofftochter von Thyssenkrupp, oder Eni R&R, die Erneuerbare-Energien- und Retail-Tochter des italienischen Ölkonzerns Eni.

An der Wiener Börse wagten übrigens im Vorjahr acht Unternehmen den Sprung aufs Börsenparkett – und zwar allesamt in Einstiegssegmenten Direct Market und Direct Marktet Plus. Einige weitere könnten heuer folgen.

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