Wohlstand für alle

Die Politik des sozialen Ausgleichs in China öffnet Anlagechancen.

Harald Kolerus. Ein kurzer Rückblick: 2021 legten Aktien aus Industrieländern weiter deutlich zu und erreichten mitunter neue Rekorde. Hingegen entwickelte sich die Performance in den Emerging Markets bescheiden. Ein Hauptverantwortlicher dafür: Das Reich der Mitte.

Scharfer Gegenwind
„China zog die Schwellenländer nach einer sektorübergreifenden Verschärfung der Kreditvergabe und der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen im Zusammenhang mit der ‚Common prosperity‘-Politik (dazu später mehr, Anm.) nach unten“, analysieren Fredrik Bjelland und Cathrine Gether vom norwegischen Assetmanager Skagen in einem aktuellen Kommentar. Für 2022 erwarten die Experten aber ein etwas günstigeres Umfeld: „Der Kreditzyklus könnte nach einem Jahr der Straffung an einem Wendepunkt angelangt sein, und wir hoffen, dass nun der Höhepunkt des regulatorischen Drucks überschritten ist.“

Covid belastet
Wobei allerdings nicht vergessen werden darf, dass Corona zu einem deutlichen Schuldenanstieg bei Staat und Unternehmen in China geführt hat. Hinzu kommt, dass Lockdowns im Zuge der strengen „Null-Covid-Politik“ zu Jahresbeginn die Wirtschaft belastet haben. Solche und andere Faktoren belasten, so wie beispielsweise auch die über viele Jahrzehnte restriktive Geburtenkontrolle, die in den kommenden Jahren zu einem Schrumpfen der Erwerbsbevölkerung führen wird. Die DekaBank glaubt daher an ein geringeres Wirtschaftswachstum in der näheren Zukunft: „Wir gehen aber davon aus, dass die Regierung BIP-Wachstumsraten von deutlich unter 5 % in den Jahren 2022 und 2023 verhindern will, da ihre Beschäftigungsziele sonst in Gefahr gerieten“, heißt es in der Trendanalyse.

Alles in allem liest sich das jetzt nicht wie eine Vorzeigestory aus dem Investment-Lehrbuch. Was spricht also für China? Das wurde in einem Webinar des Assetmanagers Abrdn (ehemals Standard Life Aberdeen plc), an dem der Börsen-Kurier teilgenommen hat, ausführlich besprochen.

Sozialer Ausgleich im Fokus
Donald Amstad, Global Head of Client Growth, legte die politische und makroökonomische Perspektive dar: „Für Peking steht soziale Stabilität im Mittelpunkt. Die Regierung fürchtet Destabilisierung und alles, was sie verursachen könnte. Zwar kann die Kommunistische Partei natürlich nicht abgewählt werden, aber gerade deshalb kann sie sich auch nicht ,verstecken‘, sie ist sozusagen für alle Vorgänge im Land verantwortlich.“ So wäre steigende soziale Ungleichheit im Land fatal, ein demokratisches politisches Ventil gibt es nicht, das Konfliktpotenzial würde steigen. Deshalb rückt Peking sozialen Ausgleich und eben „Common prosperity“ in den Fokus, also Wohlstand für alle. „Die Regierung versucht wirklich, das Leben der Bürger besser und erschwinglicher zu machen. Das betrifft die wesentlichen Bereiche Wohnen, Gesundheit und Erziehung“, so Amstad.

Fonds und Aktien
Das ist natürlich mit einer anvisierten Steigerung der Kaufkraft verbunden, was Anlagechancen im Binnenmarkt öffnet. Der „Aberdeen China A Share Equity Fund“ (ISIN: LU1130125799) hat sich dabei auf fünf Sektoren konzentriert: Digitalisierung, Gesundheit, „Grüne Investments“, „Wealth“ (steigender Wohlstand unterstützt die Finanz- und Versicherungsindustrie) sowie „Aspiration“ (stärkere Konsum-Nachfrage).

Ben Sheehan, Senior Investment Specialist Asia bei Abrdn, erklärte: „Rund ein Drittel des Portfolios ist im Konsumbereich investiert. Eine sozial ausbalancierte Gesellschaft und die rasant wachsende Mittelschicht versprechen hier Wachstum.“ Die drei größten Titel im Fonds sind „China Tourism Group Duty Free“, „Kweichow Moutai“ (Spirituosen-Hersteller) und „China Merchants Bank“. Unwahrscheinlich, dass man hierzu-lande von diesen Aktien schon etwa gehört hat. Die richtige Auswahl ist gerade in China etwas für professionelle Fondsmanager.

Foto: Pixabay / MaoNo