Der Kampf um die besten Köpfe
Die demografische Entwicklung wird den Mangel an Fachkräften weiter verstärken.
Christian Sec. Die Regierung hat Erleichterungen für ausländische Fachkräfte aus Staaten außerhalb der EU bzw. für heimische Firmen präsentiert, die teils händeringend Experten suchen. Der Fachkräftemangel wird damit aber nicht gelöst werden, sondern höchstens gelindert, warnt ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher vor zu viel Optimismus. Derzeit weist das Arbeitsmarktservice rund 124.000 offene Stellen auf.
Mittlerweile habe sich der Fachkräftemangel zu einem generellen Arbeitskräftemangel entwickelt, erklärt auch Ulrike Baumgartner-Foisner, Senior Vice President im HR von Wienerberger. Dies habe vor allem demografische Gründe, wie geburtenschwache Jahrgänge und Pensionierungen, wie Baumgartner-Foisner gegenüber dem Börsen-Kurier erklärt. In Österreich gäbe es derzeit bei Wienerberger 70 offene Stellen bei rund 1.200 Mitarbeitern.
Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, setzt der Ziegelhersteller auf Digitalisierung und Automatisierung, vor allem in der Produktion, um so auch die Qualität der vorhandenen Arbeitsplätze entsprechend zu heben und diese attraktiv zu gestalten.
War of Talents
Qualifizierte Arbeitskräfte sind ein seltenes Gut, was zu einem erbitterten Kampf um die besten Köpfe führt. Das gilt vor allem für Spitzenkräfte im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). „Wir haben uns zum Ziel gesetzt der beste Arbeitgeber in der Industrie zu werden, denn wir wollen schließlich die besten Köpfe und Hände für unser Unternehmen gewinnen und halten“, so Baumgartner-Foisner. Dafür wird in die Entwicklung der Arbeitsumgebung, Aufgabenvielfalt, Führungskompetenz und die Weiterentwicklungsmöglichkeiten investiert.
Auch die OMV gibt an, dass es einen Wettbewerb um Fachkräfte im Bereich IT gibt. „Wir müssen uns von unseren Mitbewerbern abheben und sicherstellen, dass wir attraktive Karrieremöglichkeiten bieten, einschließlich eines wettbewerbsfähigen Vergütungspakets“, so ein Sprecher der OMV gegenüber dem Börsen-Kurier.
Die Voestalpine spürt, dass allgemein die Nachfrage nach Mitarbeitern in bestimmten Bereichen steigt, etwa in der IT. Der internationale Stahlkonzern investiert im „War of Talents“ in betriebliche Gesundheitsförderung und Beteiligung von Mitarbeitern, deren Aktionärsstimmrechte in einer Privatstiftung gebündelt werden. Diese ist mittlerweile mit der größte Einzelaktionär des Unternehmens, mit einem Anteil von 14,8 %. Einen Schwerpunkt des Stahlkonzerns im Talentscouting bilden Kooperationen mit Bildungseinrichtungen z.B. bei der Zusammenarbeit bei wissenschaftlichen Arbeiten, wie Diplom- und Masterarbeiten. Zahlreiche Ausbildungskooperationen bestehen auch mit der Montanuniversität Leoben. Dabei versucht man mit Sponsoringmaßnahmen Jugendliche für ein Technikstudium zu begeistern.
Lehrlinge verzweifelt gesucht
Gleichzeitig bildet die Voestalpine derzeit rund 1.000 Lehrlinge aus. Mehr als 90.000 Euro investiert der Konzern in die Ausbildung jedes Lehrlings. Das Angebot an Lehrlingskräften geht jedoch insgesamt zurück.
„Noch immer ist zu wenig bekannt, welche Aufstiegs- und Verdienstchancen die Arbeitsplätze in der Industrie bieten“, klagt Christian Helmensteiner, Chefökonom der Industriellenvereinigung. Die zentrale Erkenntnis einer Studie des Economica Instituts zeigt laut Helmensteiner, dass Industrielehrberufe ein höheres oder gleich hohes Lebenseinkommen wie so mancher Beruf mit Universitätsausbildung aufweisen. So übersteigt das kumulierte Lebenseinkommen eines Systemtechnikers mit Lehrabschluss bis zum 45. Lebensjahr das kumulierte Lebenseinkommen eines Informatikers mit Studienabschluss.
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