„Den Mut haben, im Holzbau tätig zu sein“

UBM-CEO Thomas Winkler über das neue Geschäftsmodell, Kompetenzen und aktuelle Herausforderungen.

Marius Perger. 2019 war die UBM Development AG noch der führende Hotel-Developer in Europa. Dann kam Corona. Und damit änderte sich alles – auch für den börsenotierten Immobilienentwickler. Knapp drei Jahre später ist UBM auf dem Weg, führender Holzbau-Developer in Europa zu werden. Wie es zu dieser doch eher radikalen Änderung des Geschäftsmodells kam, wie man in so kurzer Zeit die benötigten Kompetenzen aufbauen konnte und wie sich die aktuelle geopolitische Situation auf das Geschäft auswirkt, darüber hat der Börsen-Kurier mit CEO Thomas Winkler ausführlich gesprochen.

„Holzbau lag schon in der Luft“, sagt Winkler und verweist darauf, dass UBM bereits 2019 im 22. Wiener Gemeindebezirk mit der Errichtung von sieben Wohnhäusern begonnen hat – eines davon aus Holz, „um einen direkten Vergleich mit den umliegenden Massivbauten zu haben“, wie es auf der Homepage von UBM heißt. Dazu komme, dass der Vorstand des Konzerns eine starke Affinität zu Holz besitze. Und nach dem 16. März 2020, dem Beginn des ersten Lockdowns „wollte niemand mehr freiwillig größter Hotel-Developer sein“. Doch was dann? Einfach nur von Hotel auf Büro umzusteigen wäre etwas banal gewesen. Also fiel der Entschluss: „Wir sollten den Mut haben, im Holzbau tätig zu sein.“

Heute errichtet UBM im Frankfurter Europaviertel mit dem „Timber Pioneer“ das erste Bürogebäude der Stadt in Holz-Hybrid-Bauweise, die Fertigstellung ist für Anfang 2023 geplant. Und in Wien soll in Kürze direkt am Donaukanal mit der Errichtung des „Leopoldquartiers“ begonnen werden, das nicht nur Europas erstes Stadtquartier in Holzbauweise sein wird, sondern durch die konsequente Nutzung von Erdwärme, Erdkälte und Photovoltaik im Betrieb auch CO2-neutral.

„Green“, für UBM gleichbedeutend mit Holzbau, genüge aber nicht, so Winkler. Auch die „Smartifizierung“ von Immobilien werde künftig nötig sein, und auch das sei noch nicht alles. Es gehe bei Gebäuden auch um Ästhetik, um das Erzählen von Geschichten und um vieles mehr. Und damit sei die neue Strategie des Konzerns geboren gewesen: „green. smart. and more“.

War also die Pandemie der „Gamechanger“? Das Denken sei schon vor der Pandemie vorhanden gewesen, sagt Winkler: „Das Spiel hat es schon gegeben. Aber es wäre nicht in diesem Tempo passiert.“

Neue und alte Kompetenzen
Um im Holzbau reüssieren zu können, müsse man schnell Kompetenzen aufbauen, der Erste sein. Winkler: „Wir haben das sehr früh erkannt.“ Man habe fünf Holzbauexperten gefunden, dazu einige Praktiker. Heute wäre es nicht mehr möglich, solche „Koryphäen“ zu engagieren. Dazu komme, dass es auch nur eine überschaubare Zahl von Planern gebe, „die Holzbau können“. Und man habe eine Struktur mit zentralen Kompetenzen geschaffen, „auf die wir sehr stolz sind“.

Was aber passiert mit jenen Kompetenzen, die brachliegen? „Wer Hotel-Development kann, kann auch Büro-Development“, so Winkler. Und auch auf den Wohnbau ließen sich die Kompetenzen übertragen: „Konventionelle Development Skills sind auch in anderen Assetklassen einsetzbar“. Überhaupt wolle er die Kompetenzen für Hotel im Haus behalten und alles tun, um diese nicht zu verlieren. Denn: „Hotel wird wiederkommen.“

Mit Holzbau Geld verdienen
„Für uns ist Nachhaltigkeit eine Haltung, aber auch etwas, womit wir glauben, den bestmöglichen ökonomischen Erfolg für die UBM erzielen zu können“, betont Winkler. Die höchsten Margen habe man zwar im Hotelsektor verdient, und trotzdem sei 2021 – in dem dieser wegen Covid-19 ja darniederlag – das zweitbeste in der Geschichte der UBM gewesen.

Die derzeit entstehenden Holzgebäude würden zwar in der Errichtung teurer kommen als konventionelle, das sollte aber durch höhere Verkaufspreise kompensiert werden. Allerdings würden zu den Margen im Holzbau noch die Erfahrungswerte fehlen, Frankfurt sei deshalb so etwas wie ein „Lackmustest“. Doch Winkler geht davon aus, dass beim Verkauf ein höheres Multiple als für ein konventionelles Bürohaus erzielbar sein wird. Unterstützt werde diese Erwartung von einer Studie der Universität Darmstadt, wonach ESG-fähige Objekte am Markt höhere Preise erzielen können. Am Ende müsse Holzbau aber auch billiger werden, derzeit gebe es noch Ineffizienzen.

Immobilienbranche im Wandel
„Aktuell“ sei UBM kaum von den Preisturbulenzen betroffen, sagt Winkler. Viele Projekte würden gerade fertig gestellt, und man verfüge über langlaufende Verträge. Von daher sei es kein Problem, wenn die Preise steigen.

Es gebe aber eine Reihe von Projekten, „die wir in Umsetzung bringen könnten. Aufgrund der aktuellen Situation machen wir es aber derzeit nicht“. Die Verfügbarkeit von Materialien sei auch für sein Unternehmen ein „Riesen-Thema“: „Das macht uns Sorgen.“ Dazu kämen noch Lohnpreissteigerungen und fehlende Arbeitskräfte. Derzeit sei es jedenfalls unmöglich, Entscheidungen für einen Baubeginn zu treffen.

Überhaupt sieht Winkler die Immobilienbranche am Anfang einer Abwärtsbewegung. Aber: „Ich glaube, dass ein reinigendes Gewitter, wie wir es jetzt sehen, in un-serer Branche mehr als überfällig war.“ Und es gebe keinen Zweifel, dass Menschen danach Büros und Wohnungen wieder wie davor brauchen werden, bleibt Winkler auch in der aktuellen Situation optimistisch.

Foto: UBM