„Die Inflation ist weltweit gekommen, um zu bleiben“

Vorerst keine nachhaltige Besserung in Sicht.

Christian Euler, Frankfurt. Es sind nicht mehr nur der Blick auf die Anzeigen an den Zapfsäulen und die sprunghaft gestiegenen Energiekosten, die schmerzen. Auch die Ziffern auf den Kassenbons im Supermarkt und die deutlich teureren Backwaren sorgen zunehmend für Verdruss.

Der Preisauftrieb ist längst zum globalen Problem geworden. In den USA etwa ist die Verbraucherpreisinflation mit 9,1 % gerade auf den höchsten Stand seit November 1981 geklettert. Diesseits des Atlantiks teilte das europäische Statistikamt Eurostat am Dienstag vergangener Woche mit, dass die Inflation im Juni auf 8,6 % gestiegen sei. Im Mai hatte die Teuerungsrate noch bei 8,1 % gelegen.

In mehreren Euroländern ist sie bereits auf oder gar über die Marke von 20 % gestiegen, beispiels-weise in Estland mit 22 % oder Litauen mit 20 %. In Deutschland hat die Inflationsrate im Juni mit 7,6 % den höchsten Stand seit fast einem halben Jahrhundert erreicht. Im europäischen Vergleich liegt dies noch im Mittelfeld. Frankreich und Malta haben mit 6,5 und 6,1 % deutlich niedrigere Raten. Und die Schweiz ist mit 3,4 % geradezu eine Insel der Glückseligen.

Für das laufende Jahr liegt die erwartete weltweite Inflationsrate bei durchschnittlich 7,7 % – genau 5 %-Punkte mehr als die von der Weltbank für das vergangene Jahrzehnt ausgewiesenen 2,7 %. Dies zeigt der neue Economic Experts Survey, eine globale vierteljährliche Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik. Die Ökonomen haben Volkswirte in 113 Ländern zu ihren Inflationserwartungen befragt und 663 Antworten erhalten.

Selbst 2026 könnte die Inflation noch bei 4,5 % liegen
Geht es nach den Experten, wird sich daran vorerst wenig ändern. „Die Inflation ist weltweit gekommen, um zu bleiben“, bilanziert Niklas Potrafke, Leiter des Ifo-Zentrums für öffentliche Finanzen und politische Ökonomie in München. Für 2023 erwarten die weltweit befragten Wirtschaftswissenschaftler mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 6,2 % nur einen leichten Rückgang im Vergleich zu 2022. Selbst für das Jahr 2026 rechnen sie noch immer mit einer stark erhöhten Inflationsrate von 4,5 %.

Nord- und Mittelamerika sowie weite Teile Europa schlagen sich gemessen am Rest der Welt noch vergleichsweise tapfer. Hier sind die Inflationserwartungen nach Angaben der Forscher mit weniger als 10 % im weltweiten Vergleich niedrig. Zumindest mit Blick auf die erwartete Rate für 2026 dürfen die Einwohner der westeuropäischen Länder aufatmen. Mit 2,4 % wird für diese Region der weltweit niedrigste Wert erwartet. Für Nordamerika lauten die Prognosen für 2026 auf erträgliche 2,6 %.

„Darfs ein bisserl mehr sein?“
Ganz anders präsentiert sich die Lage in Südamerika, Nord- und Ostafrika sowie West- und Zentralasien, wo die für heuer erwarteten Raten mit mehr als 20 % besonders hoch sind. Auffallend sind die teils starken regionalen Unterschiede innerhalb der Kontinente. So erwarten die befragten Volkswirte in diesem Jahr für Ost-europa mit 15,8 % eine deutlich höhere Teuerung als in West-, Nord- und Südeuropa. Auch in Afrika ist dieses Phänomen erkennbar: Während für Nord- und Ostafrika hohe Inflationsraten erwartet werden, liegen die Prognosen für West-, Mittel- und das südliche Afrika deutlich niedriger.

Firmen versuchen zu helfen
Deutsche Unternehmen zeigen derweil, wie sich der Preisfrust der Verbraucher zumindest ein wenig abbauen lässt. Laut der jüngsten Personalleiterbefragung durch das Ifo-Institut und den Personaldienstleister Randstad unterstützt ein knappes Drittel der Firmen ihre Angestellten mit Tankgutscheinen.

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