Novo Nordisk & Eli Lilly versus Adipositas

Ein spannender und wachsender Health-Care-Markt, meinen die Experten von der DJE Kapital AG.

Rudolf Preyer. Adipositas (Fettleibigkeit) ist weltweit auf dem Vormarsch und wortwörtlich eine Last nicht nur für Betroffene. Auch die Gesundheitssysteme von Volkswirtschaften belastet diese Erkrankung. Mehrere vielversprechende neue Medikamente sind aktuell in Studien oder bereits zugelassen und könnten teure Magenverkleinerungen obsolet machen.

Unternehmen hinter diesen möglichen Blockbustern von morgen sind einen genaueren Blick wert, ebenso wie Covid-19-Impfstoffhersteller, da das Virus Adipositas-Erkrankte deutlich stärker gefährdet.

Zur Begriffsklärung
Aktuell gibt es weltweit über 764 Mio adipöse Menschen, definiert mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30. Der BMI errechnet sich aus dem Gewicht einer Person geteilt durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat. Bis 2030 sollen weltweit mehr als eine Milliarde Menschen an Adipositas leiden.

Adipositas führt bei den Betroffenen zu einem erheblichen subjektiven Leidensdruck, ist aber vor allem auch mit multiplen Folgeerkrankungen verbunden. Dennoch werden aktuell nur rund 2 % aller Betroffenen weltweit medizinisch behandelt. Demnach ist der Bereich Adipositas bislang kaum erschlossen und ein ausgesprochener Wachstumsmarkt.

Operative Magenverkleinerungen zur Behandlung von Adipositas sind zwar erfolgreich und zunehmend etabliert, stellen aber einen invasiven Eingriff dar, der nicht-reversibel ist und lebenslange Kontrollen nach sich zieht. Aus diesem Grunde suchte man schon früh nach medikamentösen Behandlungsstrategien. Durchgesetzt haben sich bislang allein Medikamente aus der Diabetologie, sogenannte „GLP-1-Rezeptor-Agonisten“.

Erfolgreiche Anwendungen
Als Weiterentwicklung des bewährten, aber nur mäßig effektiven Wirkstoffs Liraglutid gibt es nun hochdosiertes Semaglutid (unter dem Produktnamen Wegovy) von Novo Nordisk (ISIN: DK0060534915). Semaglutid ist in niedrigerer Dosis unter dem Produktnamen Ozempic weltweit seit Jahren in der Diabetologie bewährt und anwendungssicher. Wegovy hat in großen Studien Gewichtsreduktionen von mehr als 15 % nachweisen können und ist bereits in den USA als reines Abnehm-Medikament offiziell zugelassen. Eine europaweite Zulassung erfolgte Anfang 2022. Die Nachfrage nach Wegovy ist so hoch, dass Novo Nordisk mit der Produktion nicht nachkommt. Infolgedessen wird hier teilweise das niedriger dosierte in der Adipositas-Behandlung angewendet.

Ein neues vielversprechendes Medikament mit Blockbuster-Potenzial stammt von Eli Lilly (US5324571083): Die Wirksubstanz Tirzepatid ist als sogenanntes Twinkretin zunächst einmal eine Weiterentwicklung in der Diabetologie, da sie zusätzlich zu GLP-1- auch GIP-Rezeptoren adressiert. Und auch die Gewichtsreduktionen waren eindrucksvoll: Mit bis zu 22,5 % Gewichtsabnahme übertrifft diese Substanz nicht nur alle bislang bekannten Medikamente, sondern nähert sich als Medikament erstmals einer Schallmauer, die bislang nur von der Magenverkleinerung bekannt war.

In Europa erwartet Eli Lilly bis Jahresende eine Zulassung, ab 2023 könnte die Spritze mit dem Wirkstoff Tirzepatid unter dem Produktnamen Mounjaro auch hierzulande auf ärztliche Verordnung gegen Diabetes (Typ 2) verfügbar sein. In den USA ist das Medikament bereits seit einigen Monaten auf dem Markt.

Fazit
Bei einer medikamentösen Behandlung von nur 10 % der weltweit mehr als 750 Mio adipösen Menschen mit jährlichen Kosten von 1.000 USD pro Jahr für Wegovy oder Mounjaro wäre der Markt mehr als 70 MrdUSD groß (konservative Schätzung): ein Markt mit genügend Platz für zwei große Pharmaunternehmen.

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