„Es gibt erste attraktive Opportunitäten“

Experte sieht Chancen für Anleger mit hoher Risikotoleranz und längerem Anlagehorizont.

Stefan Riedel, München. Thiemo Volkholz ist Head of German, Austrian and Swiss Accounts bei PGIM Investments. Wir sprachen mit ihm über die vergangenen Monate, mögliche Erfolgsformeln der Fondsmanager, das Spannungsfeld „aktives versus passives Fondsmanagement“ und blicken auch in die Zukunft.

Börsen-Kurier: Wie würden Sie die derzeitige Lage in der Asset-Management-Branche angesichts des sehr herausfordernden Marktumfelds beschreiben?
Thiemo Volkholz: Die letzten Monate waren mit Sicherheit herausfordernd für viele Asset Manager. Die hohe Unsicherheit gepaart mit der starken Volatilität sorgten dafür, dass es kaum interessante Anlageoptionen gab. Mittlerweile ist jedoch ein Silberstreifen am Horizont zu sehen. Es gibt erste attraktive Opportunitäten, etwa auf dem Rentenmarkt, sowohl im Investment Grade als auch bei High-Yield-Anleihen. Und auch der Aktienmarkt bietet erste Einstiegsmöglichkeiten, wenn auch derzeit eher für Anleger mit hoher Risikotoleranz.

Börsen-Kurier: Was ist die Erfolgsformel, wie sich ein Asset Manager heute positionieren sollte?
Volkholz: Wir haben festgestellt, dass die Selektionsprozesse heutzutage spürbar quantitativer getrieben sind, unter anderem da es wesentlich weniger persönliche Treffen gibt. Die zentrale Konsequenz, die wir daraus ziehen ist, dass Asset Manager sich deutlich mehr auf ihre Stärken konzentrieren müssen, also auf jene Strategien, bei denen sie Wettbewerbsvorteile haben. Wer erfolgreich sein will, darf also nicht jedem Trend hinterherlaufen, sondern muss den eigenen Mehrwert in den Vordergrund stellen und konsequent ausbauen.

Börsen-Kurier: Stichwort aktives Management – sehen wir ein Revival oder hält der Druck seitens passiver Produkte unvermindert an?
Volkholz: Der Markt ist breit und tief genug für beide Ansätze, zumal sie jeweils klar definierte Vorteile haben und sich daher für spezielle Anlageziele eignen. Aktives Management bietet sich dabei vor allem bei mittel- und langfristigen strategischen Investitionen an, da man hier einen Fonds auswählen kann, dessen Manager analog zu den eigenen Präferenzen investieren.

Außerdem sollten aktive Produkte gerade in Zeiten hoher Unsicherheit ihre Stärken ausspielen können und durch aktive Risiko-steuerung und flexible Schwerpunktsetzung in der Positionierung einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erwirtschaften.

Börsen-Kurier: Kosten im Zusammenhang mit aktiven Asset Managern sind ein Dauerthema. Sind diese noch angemessen und wodurch können Asset Managern ihren Kunden bessere Konditionen bieten?
Volkholz: Unserer Erfahrung nach schauen Investoren in erster Linie auf die Rendite und Performance nach Kosten. Es muss also das Ergebnis stimmen und darauf sollte auch der Fokus der Asset Manager liegen.

Börsen-Kurier: Wie positionieren sich derzeit Ihre Kunden bzw. in welchen Assetklassen sehen Sie derzeit die höchste Nachfrage?
Volkholz: In einem Umfeld mit hoher Marktunsicherheit suchen Kunden bevorzugt nach Lösungen, die die Volatilität in den Portfolios reduzieren können. Kurzfristig spüren wir daher gerade ein hohes Interesse an Liquid Alternatives, da diese durch unkorrelierte Renditen auch von fallenden Märkten profitieren können. Gleichzeitig steigt das Interesse an Spread-Produkten am Rentenmarkt, also an Produkten im Bereich High-Yield. Diese haben nicht zuletzt durch die Zinserhöhungen wieder attraktive Renditeniveaus erreicht, wovon Investoren nun profitieren wollen.

Börsen-Kurier: Stichwort antizyklisches Investieren – welche Chancen bieten sich mittelfristig für Anleger?
Volkholz: Kurzfristig kann der Aktienmarkt durchaus noch einmal hohe Volatilität zeigen. Dennoch kann er für Anleger mit hoher Risikotoleranz und einem Investmenthorizont von mehr als drei Jahren möglicherweise bald wieder spannende Einstiegsmöglichkeiten bieten – allem voran in aktiv gemanagten globalen Aktienportfolios.

Börsen-Kurier: Die steigenden Zinsen haben den Anleihemarkt durchgerüttelt. Wo sehen Sie hier aktuell Möglichkeiten?
Volkholz: Anleihen sind nach Jahren niedriger, teilweise sogar negativer Renditen wieder in den Fokus der Anleger gerückt. Besonders im High-Yield-Segment gibt es gerade potenziell sehr attraktive Investmentopportunitäten für langfristig denkende Investoren. Zwar sind aktuell die Renditen noch unter der Inflationsrate, doch wer sich diese im aktuellen Umfeld sichert, kann davon profitieren, sobald die Inflation wieder sinkt. Wir favorisieren hier aktuell US-amerikanische High-Yield-Anleihen mit breiter Sektorenstreuung. Hier sind die Ausfallraten gering und sollten laut externen Prognosen nicht deutlich steigen. Und selbst bei einem Default erwarten wir höhere Recovery Rates, was dem Kunden eine attraktive Rendite sichern sollte.

Foto: PGIM Investments