Frauen investieren anders
Darauf sollten sich Finanzdienstleister einstellen.
Harald Kolerus. Ein von der Standard Life Versicherung veranstalteter Workshop in Wien hat zuletzt versucht, die Unterschiede in der Finanzberatung von Frauen und Männern herauszuarbeiten. Vieles reduziert sich dabei auf das Verhältnis zwischen risikoreich und -avers.
Wenn Frauen vor 30 Jahren Informationen zur Geldanlage suchten, soll es schon vorgekommen sein, dass der Berater nach dem Gespräch Unterlagen mitgegeben hat: mit dem Hinweis, dass man sich auf die Antworten oder Fragen des Gatten freuen würde. So Christian Nuschele, Head of Distribution Standard Life Österreich und Deutschland, zum Auftakt der Veranstaltung. Diese Art von Diskriminierung gehöre der Vergangenheit an. Dennoch muss sich die Branche besser auf das weibliche Geschlecht einstellen, denn es handelt beim „Geld-Leben“ oft unterschiedlich zu Männern und ist mit anderen Rahmenbedingungen konfrontiert.
Geringerer Verdienst
Wesentlich ist dabei, dass sich Frauen sehr oft in einer weniger komfortablen finanziellen Situation befinden als Männer. Ursache ist unter anderem das „Gender Pay Gap“: Frauen verdienen weniger als Männer, im EU-Durchschnitt um 13 %. Dafür sind wiederum Erwerbsunterbrechungen (z. B. Karenz), weit verbreitete Teilzeitarbeit und unbezahlte Arbeit verantwortlich.
Zuletzt genannter Punkt ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen zumeist noch als Frauensache angesehen wird. Der geringere Lohn hat zur Konsequenz, dass in Österreich rund zwei Drittel aller armutsgefährdeten Personen weiblich sind. Wobei sich das „Gender Pay Gap“ letztlich auch unerfreulich im Ruhestand auswirkt: Die Alterspension für Frauen betragen aktuell hierzulande im Schnitt nur 1.264 Euro, bei Männern sind es immerhin 2.164 Euro.
„Selbstbewusst und Geldbewusst“
All das sind Faktoren, die bei der Finanzberatung von Frauen speziell berücksichtigt werden sollten, wie auf dem Workshop hervorgehoben wurde. „Ein extrem wichtiges Thema“, wie Christian Nuschele vorausschickte. Das Motto lautete „Selbstbewusst und Geldbewusst“.
Risikoreich versus Risikoavers
Bettina Fuhrmann, Leiterin des Instituts für Wirtschaftspädagogik der WU Wien, gehörte das erste Referat. Der Expertin zufolge belegen empirische Studien, dass Frauen in der Geldanlage beson-ders risikoavers agieren. Wobei es natürlich gar nicht so schlecht sei, Vorsicht walten zu lassen, dadurch könnten aber auch Chancen verloren gehen.
Fuhrmann: „Deshalb ist es in der Finanzberatung von Frauen besonders wichtig, das Thema Risiko hervorzuheben, es sollte verständlich und greifbar gemacht werden. Der Finanzexperte sollte Frauen dabei helfen, Risken besser einschätzen zu können. Eine pauschale Ablehnung von Risken sollte vermieden werden.“
Ein Problem, das sich bei Männern übrigens eher selten stellt, sie sind bei Investments ohnedies gerne (zu) riskant unterwegs, darauf muss wiederum im Beratungsgespräch mit Männern eingegangen werden.
Finanzberatung tut Not
Außerdem sollten Finanzdienstleister auf ein besonders unterschätztes Risiko für die Geldbörse hinweisen: Langlebigkeit. Das wurde aus dem Vortrag von Marietta Babos klar, sie ist Autorin und Gründerin der unabhängigen Finanzberatungsplattform damen-sache.at.
„Durchschnittlich gesehen leben Frauen bei uns rund fünf Jahre länger als Männer. Das kann in der Pension aufgrund der ohnedies geringeren Renten zu starker finanzieller Belastung führen“, so die Expertin.
Weitere Probleme tauchen auf, wenn sich Frauen in wirtschaftliche Abhängigkeit zu ihren Partnern begeben – immerhin liegt die Scheidungsrate in Österreich bei mehr als 40 %. Außerdem tritt sehr oft der tragische Fall ein, dass der (besserverdienende) Mann vor seiner Gattin stirbt. Neben der seelischen Lücke entsteht dann sehr schnell auch eine finanzielle.
Fazit: Auf all diese Faktoren sollte in Finanz-Beratungsgesprächen mit Frauen speziell eingegangen werden. Not tut laut den Expertinnen aber auch umfassende finanzielle Bildung – am besten bereits in der Schule.
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