Was ist mit China los?

Die Volksrepublik im Würgegriff der eigenen Null-Covid-Politik.

Michael Kordovsky. In den wichtigen Städten Shanghai und Peking löst ein größerer Lockdown den nächsten ab. Dazu gibt es abgeriegelte Häfen und Industrieanlagen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Wirtschaft. Wuchs diese im Vorjahr noch um 8,1 %, so erwartet der IWF heuer und 2023 nur noch 3,2 bzw. 4,4 %. Vom ersten auf das zweite Quartal ging Chinas BIP-Wachstum von 4,8 auf 0,4 % und somit auf den niedrigsten Level seit 2020 zurück. Vorübergehendes Tauwetter in der Corona-Bekämpfung und gewisse Nachholeffekte führten im dritten Quartal nochmals zu einem konjunkturellen Aufflackern, und das BIP wuchs um 3,9 %. Auch kursierten zwischenzeitlich Gerüchte, dass die strikten Corona-Maßnahmen bis März gelockert werden sollen bzw. die auch seit zweieinhalb Jahren weitgehend geschlossenen Grenzen wiedergeöffnet werden. Doch ganz im Gegenteil: Es wird strenger.

China weitet wegen steigender Corona-Infektionszahlen die Beschränkungen aus. So wurde beispielsweise in Shanghai der zweite Tag des Autogipfels „China Automotive Overseas Development Summit“ abgesagt und in der Stadt dürfen Einreisende innerhalb von fünf Tagen nach ihrer Ankunft keine Einkaufszentren und Restaurants betreten. Die Quarantänen und Lockdowns erstrecken sich übers ganze Land: Im südchinesischen Guangzhou mit seinen rund 18 Mio Einwohnern befinden sich mehrere Bezirke komplett im Lockdown, und in der Megametropole Chongqing können die Einwohner nur noch in dringenden Fällen und mit einem negativen Corona-Test ausreisen.

Nächste Kontraktionswelle
Die nächste Kontraktionswelle wirft bereits ihre Schatten voraus. So ging der Einzelhandelsumsatz im Oktober im Vorjahresvergleich um 0,5 % zurück, während Volkswirte noch mit einem Zuwachs rechneten. Im September lag das Plus noch bei 2,5 %. Die Steigerung der Industrieproduktion verlangsamte sich von September auf Oktober von 6,3 auf 5,0 %, während Analysten noch mit 5,3 % Plus rechneten. Die Lockdowns waren neben der schwächelnden Weltwirtschaft ein Hauptfaktor, weshalb sich im Oktober auch der Außenhandel rückläufig entwickelte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gingen die Exporte um 0,3 % zurück. Das ist die erste Schrumpfung seit Mai 2020. Indessen schrumpften die Importe um 0,7 %. Gemäß Einkaufsmanager-Index-Daten befanden sich Chinas Industrie und der Dienstleistungssektor im Oktober in der Kontraktion.

In diesem Umfeld leiden Chinas Bauträger an einer rückläufigen Nachfrage und eine größere Pleitewelle ist nicht auszuschließen. Leere Wohnblöcke und halbfertige Bauten prägen das Bild neuer Siedlungen. Im Oktober entwickelten sich in 100 chinesischen Städten die Immobilienpreise den vierten Monat in Folge rückläufig – so die Daten der China Index Academy, die den Rückgang der Immobilienverkäufe im Oktober mit 20 % beziffert. Die chinesische Zentralbank ließ jedoch ihre Leitzinsen erwartungsgemäß unverändert.

Wie geht es weiter?
Es ist eher unwahrscheinlich, dass China das ausgegebene Wachstumsziel der Regierung in Peking von 5,5 % heuer noch erreichen wird. Doch größere Konjunkturprogramme könnten jederzeit starten, zumal es in punkto Seidenstraße im Ausbau der Infrastruktur noch viel zu tun gibt.

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