Probegalopp für EU-Lieferkettengesetz
Deutsches Lieferkettengesetz ist organisatorische Herausforderung für österreichische Zulieferer.
Christian Sec. Viele österreichische Unternehmen sind seit diesem Jahr stärker mit Forderungen zur Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten konfrontiert. Das deutsche Lieferkettengesetz, das ab Jänner in Kraft getreten ist, verpflichtet deutsche Großunternehmen zu Risikoanalysen und Überprüfung ihrer unmittelbaren Zulieferer in diesen Bereichen. Nachdem den berichtspflichtigen deutschen Unternehmen ab einer Mitarbeiteranzahl von 3.000 (ab 2024: 1.000 Mitarbeiter) bei Verstößen deutliche Bußgelder bis zu 2 % vom Umsatz drohen, ist zu erwarten, dass diese Unternehmen das Risiko an die unmittelbaren Lieferanten weitergeben, z. B. mit Pönalen aus möglichen Strafen für die Kunden, schreibt das österreichische Beratungsunternehmen Supply Chain Partners.
Organisatorische Herausforderung
Das deutsche Lieferkettengesetz wurde bereits 2021 beschlossen und gab auch den österreichischen Unternehmen genügend Zeit sich auf die neue Situation vorzubereiten, wie der Börsen-Kurier bei seiner Umfrage von den Unternehmen erfuhr. Das Lichttechnikunternehmen Zumtobel hat in den vergangenen Monaten „entsprechend seine Prozesse ausgerichtet“, hieß es aus dem Unternehmen. In Vorbereitung auf diese Regelungen wurden die Unterlagen beim Eingliederungsprozess von Lieferanten adaptiert. So wurde der Fragebogen für Lieferanten erweitert und der Verhaltenskodex für Geschäftspartner angepasst. „Da die Erfüllung der neuen Anforderungen verifiziert werden muss, ergeben sich neue Herausforderungen zur Erfüllung der neu entstehenden Verpflichtungen rund um die ökologische und soziale Verantwortung in der Wertschöpfungskette, z. B. durch die Diversität und Vielzahl der Lieferanten“, so Maresa Hoffmann, Sprecherin von Zumtobel.
Auch der Holzfaserproduzent Lenzing erklärt, dass die Abdeckung von „tausenden“ von Lieferanten, also auch von C-Lieferanten, mit einem vertretbaren Aufwand eine organisatorische Herausforderung darstellt. Um dem deutschen Lieferkettengesetz zu genügen, hat sich Lenzing schon lange im Vorfeld auf die Anforderungen vorbereitet. So hat das Unternehmen das nachhaltige Lieferkettenmanagement organisatorisch und prozessual in den letzten Jahren in die Beschaffung eingearbeitet, erklärt Daniel Winkelmeier, Sprecher des Unternehmens.
Tauziehen
Deutschland greift mit seinem Lieferkettengesetz der EU vor, die selbst eine Lieferkettenrichtlinie vorbereitet, die in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Dabei könnte es zu einem regelrechten Tauziehen kommen, zwischen dem Rat, der Kommission und dem Europäischen Parlament. Nachdem die Kommission die Richtlinie auf Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern und 150 Mio Euro Jahresumsatz beschränken will, hat der Rechtsausschuss des EU-Parlamentes einen Berichtsentwurf vorgelegt, der deutliche Verschärfungen der Richtlinie vorschlägt. So sollte demnach die Grenze bei 250 Mitarbeitern und 40 Mio Euro Umsatz liegen. Der Rat der EU wiederum hat seine Verhandlungsposition für den bevorstehenden Trilog mit dem Parlament und der Kommission festgelegt mit 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von 300 Mio Euro.
Wie auch immer die Richtlinie aussehen wird: Das deutsche Lieferkettengesetz gilt für die österreichischen Unternehmen als willkommener Probegalopp. So sieht Pierer Mobility es als kleinen Vorteil für den Standort Österreich, dass das Lieferkettengesetz schon zuvor in Deutschland in Kraft tritt. Ähnlich positiv bewertet auch Kapsch die deutsche Vorreiterrolle für Österreich.
Foto: Pixabay / knollzw