Was tun bei deutschen Bundesanleihen?

Nach den historisch einmaligen Kursverlusten sehen Experten Kaufchancen.

Raja Korinek. Das vergangene Börsenjahr war von einem seltenen Ereignis geprägt: So sanken die Kurse von Aktien und von Anleihen kräftig. Letztere Anlageklasse bot Anlegern in einem breit gestreuten Portfolio damit praktisch keinen sicheren Hafen mehr.

Wie kräftig die Rücksetzer erfolgten, lässt sich beispielsweise anhand des „Euro Bund-Future“ nachvollziehen. Dabei handelt es sich um ein Derivat, das die künftige Kursentwicklung einer fiktiven 10jährigen deutschen Staatsanleihe mit einem Kupon von 6 % abbildet. Noch 2019 erreichte der „Euro Bund-Future“ ein Rekordhoch von knapp 180 Punkten und notierte danach in einem breiten Seitwärtstrend. Grund für den extremen Kursanstieg waren freilich sinkende Zinsen und das umfangreiche Anleihekaufprogramm der EZB. Die damit erzeugte Nachfrage verteuerte die Bondkurse weiter.

Hohe Kursverluste
Doch mit der steigenden Inflation und der damit eingeläuteten Zinswende drehte sich das Blatt schlagartig. Notierte der „Euro Bund-Future“ zu Jahresbeginn 2022 noch bei rund 174 Punkten, sind es inzwischen nur noch gut 137 Punkte.

Demgegenüber stiegen die Renditen kräftig an. 10Jährige deutsche Bundesanleihen etwa rentieren derzeit bei rund 2,2 %. Zum Vergleich: Im Jänner 2022 lag die Rendite bei knapp 0,014 %. „Eine Aufwärtsbewegung in diesem Ausmaß ist in den vergangenen 30 Jahre beispiellos. Mithin hat 2022 selbst den Crash von 1994 in den Schatten gestellt“, konstatiert Elmar Völker, leitender Zinsanalyst bei der LBBW.

Sinkende Inflation als Trendwende
Dennoch gab es zuletzt anscheinend erste Lichtblicke. Denn das Tempo, in dem die Inflationsrate in den vergangenen Monaten zulegte, nahm ein wenig ab. Dies zeigte sich etwa im Monat Dezember. Aufgrund gesunkener Energiepreise hat sich der Inflationsanstieg in der Eurozone merklich verlangsamt, unterstreicht Ulrike Kastens, Europa-Volkswirtin bei der DWS. Sie meint, „insgesamt kletterten die Preise nur noch um 9,2 % im Jahresvergleich nach oben, nach 10,1 % im November.“ Auch in Deutschland sank die Jahresrate auf 8,6 %.

Die Folgen all solcher Entwicklungen waren in der Kursentwicklung deutscher Bundesanleihen zu sehen, deren Kurse gewannen zuletzt ein wenig an Wert. LBBW-Experte Völker stimmt dies positiv. „Der rentenfreundliche Start könnte ein gutes Omen für 2023 bilden. Die Dezember-Inflationsdaten lassen die Wahrscheinlichkeit erheblich steigen, dass der Inflationsgipfel im Euroraum überschritten wurde.“

Chancen gehebelt nutzen
Er meint auch, dass heuer ein sinkender Preisdruck zu einem der bestimmenden Themen wird und den Weg zum Auslaufen der geldpolitischen Straffung ebnen könnte. „Somit sinkt die Gefahr, dass der Euro-Staatsanleihemarkt am Beginn eines dritten Negativjahres in Folge steht.“

Anleger, die sich das Risiko zutrauen, können mittels Turbo-Longzertifikate gehebelt auf einen möglichen Kursanstieg des „Euro Bund-Futures“ setzen. Ein solches Produkt bietet etwa die BNP Paribas an (ISIN: NL0000807071). Der aktuelle Hebel liegt bei rund 2,1. Um diesen verändert sich der Kurs des Zertifikats im Verhältnis zu jenem des Basiswerts. Berührt oder unterschreitet der Kurs des Basiswerts jedoch die Marke von 73,30 Punkten, verfällt das Zertifikat.

Etwas mehr Chancen bietet das Turbo-Long-Zertifikat der Société Générale (DE000SQ38FE4). Hier liegt der aktuelle Hebel bei rund 5. Doch damit ist auch das Risiko größer. Wird die Marke von 110 Punkten berührt oder unterschritten, verfällt das Produkt.

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