Das Pariser Klimaabkommen im Portfolio
„Paris-Aligned Benchmarks“ beleben die ESG-Szene – was steckt dahinter?
Harald Kolerus. Die Idee ist naheliegend: Analog zu den Klimazielen von Paris sind Indizes und Investmentprodukte entstanden, die der etwas sperrige Name „Paris-Aligned Benchmarks“ (PAB) ziert. Sie sind somit also an der Pariser Messlatte ausgerichtet, den CO2-Ausstoß zu verringern und die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen (wenn möglich, darf es auch ein bisschen weniger sein.)
Der Weg ist das Ziel
So weit, so klar. Stutzig macht den kritischen Beobachter allerdings, dass sich in den PAB auch Titel finden, die nicht gerade als umweltfördernd gelten: Zum Beispiel Aktien von Fluggesellschaften. Wie passt das zusammen? Die Erklärung: Im Unterschied zu reinen Ökologie-Fonds und Benchmarks, die als „nachhaltig“ oder „ESG-bezogen“ bezeichnet werden, ist bei den PAB der Weg ebenso wichtig wie das Ziel. „Sie bilden den breiten Markt ab, inklusive einiger Branchen mit höheren Kohlenstoff-Emissionen, um langfristig den Umbau der Wirtschaft zu unterstützen“, so Olivier Souliac, ETF-Experte der DWS, in einem Kommentar.
Also handelt es sich um kein Greenwashing im Pariser Deckmantel: Clemens Klein, Fondsmanager und Nachhaltigkeits-Experte bei der Erste Asset Management, sieht im Gespräch mit dem Börsen-Kurier PAB „überhaupt nicht negativ“. Denn an Produkten, in denen Erdöl oder andere nicht umweltfreundliche Rohstoffe enthalten sind, kommen wir praktisch nicht vorbei. Auch der Ausstieg aus dem Automobil wird nicht so schnell gelingen. Der Experte: „Für einen reinen Umweltfonds kommt es natürlich nicht in Frage, in ökologisch bedenkliche Branchen zu investieren, aber es wäre auf breiterer Basis realitätsfremd, diese Sektoren völlig auszuklammern. Auch ist es für institutionelle Investoren nicht möglich, ihre gesamtes Volumen ausschließlich in Erneuerbare Energien zu veranlagen.“
Die Guten ins Depot
Als vertretbare Lösung kommt also der Best-In-Class-Ansatz ins Spiel: „Manche Unternehmen agieren eben umweltfreundlicher als andere, die können anhand des PAB-Ansatzes herausgefiltert werden. So wird Kapital zu diesen Unternehmen kanalisiert, das ist positiv zu sehen. Auch sollte nicht vergessen werden: In Branchen, die den größten CO2-Ausstoß tätigen, herrscht auch das meiste Einsparungspotenzial“, so Klein.
Nehmen wir etwa die wichtige Benchmark MSCI World als Beispiel: In der PAB-Version werden die gleichen Sektoren abgebildet, aber durch gezielte Auswahl wird der CO2-Ausstoß um 50 % gedrosselt.
Wobei es noch weitere Kriterien gibt: Will ein Unternehmen im Index enthalten bleiben, muss es seine CO2-Emissionen um 7 % jährlich weiter drosseln. Das bedeutet: Unternehmen, die ohnedies be-reits auf einem guten Weg sind, werden noch besser. Und wer in den Index rein will, muss sich anstrengen und ehrgeiziger werden.
Strenge Kriterien
Zusätzliche PAB-Vorgaben sind übrigens, dass der Index nur zu einem Prozentpunkt in den Kohlekomplex investiert sein darf, bei Erdöl liegt die Schwelle bei 10 %. Weiters kommen Ausschlusskriterien wie etwa bei Waffen und Tabak hinzu. Dass PAB dem Greenwashing Vorschub leisten würde, glaubt der Erste-AM-Spezialist somit nicht: „Dafür sorgen auch strenge Transparenz- und Reporting-Richtlinien.“ Wobei Klein gleichzeitig hervorhebt, dass PAB für den Erste WWF Stock Environment kein Thema ist, „denn wir halten uns an viel strengere Kriterien und verfolgen in dem Fonds reine Impact-Investments nach Artikel 9“.
Das PAB-Thema wird hingegen von Index- bzw. ETF-Anbietern bespielt (Nur z. B. Amundi, DWS oder iShares). Ebenfalls interessant: Den Anbietern obliegt es, noch strengere Kriterien als von PAB vorgegeben zu installieren. Möglich ist eine Reduktion der CO2-Emissionen von 60 statt 50 % oder eine zusätzliche jährliche Verringerung von 10 statt 7 %.
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