Eine Karte gegen den Fachkräftemangel

Die neue Rot-Weiß-Rot-Karte bringt viele Verbesserungen – ein Rundruf.

Christian Sec. Die ab 1. Oktober gültigen neuen Regeln für die Rot-Weiß-Rot-Karte sollen das Recruiting von dringend benötigten Facharbeitern in der Wirtschaft erleichtern. Es wurden niedrigere Schwellenwerte bei den Mindestgehältern eingeführt (44.395 Euro brutto pro Jahr). Die Anerkennung von Ausbildungen und Sprachqualifikationen wurden erleichtert. Bei IT-Kräften ist z. B. kein Studium mehr erforderlich, wenn eine adäquate Berufserfahrung nachweisbar ist.

Die ATX-Unternehmen benötigen in unterschiedlichem Ausmaß die RWR-Karte. Der Leiterplattenhersteller AT&S hat im vergangenen Jahr 113 RWR-Karten erfolgreich beantragt. Der Einsatz erfolgt zumeist in den Bereichen Technologie, Prozesse, Management. Die RWR-Antragsteller kommen dabei vor allem aus den Philippinen, Indien, China und Malaysia.

Auch für den Maschinenbauer Andritz hat die Karte eine „sehr große Bedeutung, da die Anzahl an Spezialisten in Österreich derzeit sehr gering ist“. Im Durchschnitt beantragt der Maschinenbauhersteller Andritz zwischen 30 und 50 Karten pro Jahr, vor allem im Bereich IT, Vertrieb und Automatisierung. Die bedeutendsten Herkunftsländer sind Brasilien, Chile und USA. „Vor allem die Beantragung der RWR-Karte für Familienangehörige ist sehr positiv zu bewerten“, erklärt Michael Buchbinder, Pressesprecher von Andritz.

Bei Wienerberger waren es im vergangenen Jahr lediglich zehn RWR-Karten. Haupteinsatzgebiete waren hauptsächlich auch die IT-Bereiche aber auch Finanz und Controlling. Das Unternehmen hebt hervor, dass vor allem die Gewichtung von Englischkenntnissen, die erleichterte Berücksichtigung von tätigkeitsbezogener Berufserfahrung und die neuen Gehaltsgrenzen zu Erleichterungen geführt haben.

Auch bei Uniqa muss der Such-Radius für bestimmte Positionen über die Grenzen Österreichs hinaus ausgeweitet werden. Die Bewerber kommen meist aus den europäischen Drittstaaten. Vor allem die Lockerungen in Bezug auf Sprachkenntnisse wirken sich positiv auf den Recruiting-Prozess aus, wie das Unternehmen mitteilt.

Verbesserungspotential gegeben
Für die OMV hat die RWR-Karte eine eingeschränkte Bedeutung, da die Arbeitnehmer in der Regel die Kriterien für die sogenannte „Blaue“ EU-Karte erfüllen und diese daher bevorzugt beantragt wird. Gründe dafür sind, dass bei der „Blauen Karte“ keine Deutschkenntnisse der Familienangehörigen vor Zuzug nach Österreich erforderlich sind, es kein Punktesystem und auch kein Ersatzkräfteverfahren gibt und daher der Abwicklungsprozess schneller ist, erklärt die OMV auf Anfrage.

Für den Baukonzern Porr hilft die RWR-Karte in der derzeitigen Form nur begrenzt. „Wir suchen sehr viel gewerbliches Personal für unsere Baustellen. Der Erwerb der RWR-Karte ist jedoch an Bildungsstand und Sprachkenntnisse geknüpft. Viele für uns interessante Arbeitskräfte können diese Kriterien nicht erfüllen“, so Porr in einer Stellungnahme. Hier wünscht sich der Baukonzern Nachbesserungen.

Auch für Wienerberger gibt es Verbesserungspotenzial vor allem beim Prozess der Beantragung. Dieser sei noch immer zu komplex und ineffizient und würde teilweise noch mehrere Monate dauern. „Eine Verbesserung dieses Prozesses würde nicht nur Kosten sparen, sondern den Standort Österreich auch für hochqualifizierte Fach- und Schlüsselkräfte attraktiver machen“, so die Stellungnahme des Weltkonzerns.

Foto: ams