Der Schwenk zu den Schwellenländern
Günstige Bewertungen und Chinas Lockdown-Ende: All dies bietet Experten zufolge Chancen.
Raja Korinek. Die globale Zinswende zieht immer weitere Kreise. So musste etwa die Silicon Valley Bank (SVB) Anleihen mit hohen Verlusten verkaufen, als zahlreiche Anleger ihre Einlagen abziehen wollten. Die Bank wurde letztendlich geschlossen.
Ob die Turbulenzen im Bankensektor auf die Schwellenländer überschwappen könnten? „Die direkten Auswirkungen der SVB-Pleite auf die Emerging Markets beschränkten sich auf eine Reihe chinesischer und indischer Start-ups, die mit der SVB zusammenarbeiteten“, betont Jürgen Maier, Fondsmanager im Team „Aktien, CEE & Global Emerging Markets“ in der Raiffeisen KAG.
SVB: Keine Ansteckungsgefahr
Finanzunternehmen in den entwickelten Ländern seien jedoch deutlich stärker von Kursabschlägen betroffen als jene aus den Schwellenländern. „Wir sehen derzeit keine Anzeichen einer Ansteckungsgefahr auf breiter Ebene für Emerging-Markets-Finanzunternehmen“, konstatiert Maier. Einzig bei der Erste AM verweist Alexander Lechner, Leiter Multi Asset Management, auf einen weiteren Aspekt: „Mittelfristig könnten gestiegene Kapitalkosten bei den Banken ein restriktiveres Kreditumfeld bedeuten. Dies wäre auch für die Schwellenländer wachstumsdämpfend.“
Doch insgesamt dürften Emerging Market-Aktien inzwischen wieder interessante Chancen bieten, meinen Experten. Die Märkte hinkten jenen der Industrienationen in den vergangenen Jahren hinten nach, nicht zuletzt, da Chinas Lockdown auf der Entwicklung lastete.
Ihre Zuversicht untermauern die Marktkenner mit handfesten Zahlen. Maier sagt, Emerging Markets-Aktien handeln mit einem erwarteten Kurs-/Gewinnverhältnis (KGV) von 10,3 für dieses Jahr. „Dies ist ein mehr als 30 %iger Abschlag zum KGV vom MSCI World, der derzeit bei 15,8 liegt. Auch beim Preis-/Buch-Verhältnis (PBV) sind die Emerging Markets mit 1,44 deutlich attraktiver bewertet als der MSCI World mit 2,72.“ Aktien aus den Emerging Markets seien derzeit im historischen Vergleich günstig bis fair bewertet relativ zu den entwickelten Märkten, ergänzt Erste AM-Experte Lechner.
China und Indien bleiben Zugpferde
Die Frage bleibt, wie wichtig Chinas Wiedereröffnung für die Schwellenländer ist. Maier sagt: „Das Reich der Mitte ist heuer neben Indien wieder das wirtschaftliche Zugpferd innerhalb der Emerging Markets. Chinas Wirtschaft sollte um mehr als 5 % wachsen, jene in Indien um mehr als 6 %.“ Allein in China gebe es große Nachholeffekte beim Konsum. Vieles war angesichts der Null-Covid-Politik nämlich stark eingeschränkt gewesen.
Ein Fonds, der sich mit einer Performance von rund 25 % auf fünf Jahre gut behaupten konnte, ist der „BSF Emerging Markets Equity Strategies Fund“ (ISIN: LU1289970086) von BlackRock. Chinesische Aktien nehmen darin fast ein Drittel ein, gefolgt von Südkorea und Brasilien. Größte Branchengewichtung entfällt auf den IT-Sektor, gefolgt von Finanz- und Konsumtiteln. Abgedeckt wird dies etwa mit Samsung Electronics (KR7005930003) und Alibaba (US01609W1027).
Auch der „JPMorgan Funds – Emerging Markets Dividend Fund“ (LU0862449690) konnte sich auf fünf Jahre mit einer Wertentwicklung von zuletzt rund 21 % gut halten. China ist auch hier beinahe zum einen Drittel gewichtet, gefolgt von Taiwan. Der Finanzsektor nimmt die größte Branchengewichtung ein, gefolgt von IT-Titeln. Dazu zählen etwa TSMC (US8740391003) und Ping An Insurance (CNE1000003X6).
Jedoch sind auch Verluste bei beiden Produkten möglich, das müssen Anleger ebenso beachten.
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