Forschen für die Neuausrichtung

F&E wird in Zeiten multipler Veränderungen immer existenzieller.

Christian Sec. Im Jahr 2021 wurden in Österreich rund 13 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung (F&E) ausgegeben, was rund 3,2 % des BIPs entspricht. Laut Statista sind die wichtigsten Financiers dabei mit etwa 6,2 Milliarden Euro Unternehmen. Allein die Voestalpine budgetiert für das laufende Geschäftsjahr fast 200 Millionen Euro für Ausgaben im F&E-Bereich. Rund um das zentrale „Greentec-steel“-Projekt des Konzerns, das die Reduktion der CO2-Emissionen bei der Stahlproduktion von 30 % ab 2027 zum Ziel hat (1,5 Milliarden Euro werden in die Errichtung zweier Grünstrom-Hochöfen investiert), wird großflächig Forschung betrieben. Damit einher geht zum Beispiel ein Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Werkstofftechnik, um künftig sicherzustellen, dass auch mit einem geänderten Rohstoffmix hochwertige Stahlqualität erzeugt werden kann. Weiters forscht der Konzern an Prozessen und digitalen Methoden, die die Transformation der Stahlproduktion vorbereiten und unterstützen. So werden die Potenziale der Rückführung von Nebenprodukten in den Produktionsprozess erhoben und die Technologien für eine Kreislaufwirtschaft entwickelt.

Spezialisten sind knapp
Der Leiterplattenhersteller AT&S investierte im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 181,5 Millionen Euro in F&E. Das entspricht einem Anstieg von 10 % gegenüber dem Jahr zuvor. Das größte Projekt ist der Bau des neuen F&E-Zentrums in Leoben. Am Standort werden bis 2025 etwa 500 Millionen Euro investiert. Der Löwenanteil fällt dabei auf das F&E-Zentrum selbst. Die F&E-Projekte sollen sowohl dem Ausbau der Technologieführerschaft in bestehenden Geschäftsfeldern dienen als auch die Erschließung neuer Tätigkeitsbereiche ermöglichen, erklärt Hannes Voraberger, Forschungsleiter von AT&S, gegenüber dem Börsen-Kurier. Dazu zählt auf der einen Seite die Miniaturisierung der Leiterplatten, andererseits versucht man neue Technologien für Hochfrequenzsysteme zu entwickeln, die beispielsweise in kommenden Generationen von Mobilfunknetzen eine entscheidende Rolle spielen könnten. Die größte Herausforderung bei F&E-Projekten ist es, die richtigen Kompetenzen zur rechten Zeit verfügbar zu haben, erklärt Voraberger. „Spezialisten auf unserem Gebiet gibt es nicht viele, weshalb die Konkurrenz um die besten Talente sehr hoch ist.“

Die größte Challenge für den Baustoffhersteller Wienerberger, F&E-Investitionen auf die Straße zu bringen, sind die Verzögerungen der Lieferanten aufgrund von langen Lieferzeiten, Nichteinhaltung von Zusagen oder gar keinen Zusagen, erklärt uns Claudia Hajdinyak, Sprecherin von Wienerberger. „Daher ist es wichtig, eigene erfahrene Teams zu haben und manchmal eine Investition besser nicht zu starten.“ Ein wesentlicher Schwerpunkt der F&E-Ambitionen von Wienerberger liegt im Bereich der Dekarbonisierung und der Produktion bzw. Prozesstechnik sowie im Wassermanagement.

Mut zum Neuen
Beim Ölfeld-Equipment-Hersteller Schoeller-Bleckmann (SBO) lag das F&E-Budget 2022 bei 7 Millionen Euro. Das Budget wird dabei nicht nur verwendet, um in den jeweiligen Nischen Weltmarktführer zu bleiben, sondern auch, um Kompetenzen und Produktangebot auszubauen, erklärt Schoeller-Bleckmann auf Anfrage. In der „Strategie 2030“ sieht SBO als wesentliches Element den Aufbau des New-Energy-Segments, außerhalb des aktuellen Kerngeschäfts, vor, das langfristig rund 50 % des Konzernumsatzes, vorwiegend in nachhaltigen Energietechnologien, generieren soll. „Mit unserer Strategie 2030 haben wir uns für die wichtigsten Entwicklungen der Energiezukunft positioniert und werden sie mit technologischen Innovationen mitgestalten“, erklärt SBO-CEO Gerald Grohmann.

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