Spekulationen um Index-Aufsteiger

Privatanleger können oft profitieren, wenn sich die Zusammensetzung von Indizes ändert.

Roman Steinbauer. Am 20. März ist es wieder so weit: Nach der Wiederaufnahme der Commerzbank (ISIN: DE000CBK1001) in den deutschen Spitzenindex Dax am 27. Feber (ersetzte die Linde AG) entschied die Gruppe Deutsche Börse nach Börsenschluss vom vergangenen Freitag über weitere Umbesetzungen in der Dax-Familie.

Das seit einem Jahr in die Politik vorgedrungene Thema Rüstung findet nun auch im Dax seinen Niederschlag. Ab der dritten Woche dieses Monats notieren darin die Aktien der Rheinmetall (DE0007030009), nachdem die Titel seit zwölf Monaten gut

70 % zulegten. Im selben Zug steigt Fresenius Medical Care (FMCDE0005785802) in den MDax ab. Die Rüstungsbranche sorgt zudem für zusätzliche Bewegung in den Rängen dahinter: Hensoldt (DE000HAG0005; ehemals Teil der Airbus Defense) steigt für Verbio (DE000A0JL9W6; Bio-Energie) in die zweite Börsenliga auf. Des Weiteren löst Jenoptik (DE000A2NB601) die Software AG (DE000A2GS401) im MDax ab. Bereits Ende Feber rückte der Windkraftanlagenbauer Nordex (DE000A0D6554) in das mittlere Börsensegment auf, dafür zog die Deutsche Beteiligungs AG (DE000A1TNUT7) in den SDax nach.

Rechtzeitig auf die Welle aufspringen
Der Austausch in den deutschen Börsenindizes löste gerade in der aktuellen Phase Umschichtungen mit beträchtlichem Handelsvolumina aus. Da Fondsgesellschaften und ETF-Anbieter Aktien der mit mehr als 167 Mrd Euro kapitalisierten Linde AG (notiert künftig nur noch an der NYSE) veräußerten oder noch abzugeben gedenken und die Commerzbank mit einem Gewicht von

14,6 Mrd Euro nicht einmal ein Zehntel davon in die Waagschale wirft, profitieren übrige Dax-Werte (durch eine höhere Anteilgewichtung) stärker von Zukäufen institutioneller Investoren. Generell versuchen Investmenthäuser bereits möglichst vor den Wechsel-Terminen der Kandidaten frühzeitig Wertpapiere der Auf- und Absteiger zuzukaufen oder abzustoßen, um im Zuge der gestiegenen Nachfrage bzw. eines erhöhten Angebots nicht ungünstigeren Notizen nachzulaufen. Für Privatanleger lohnt es sich daher oft, frühzeitig voraussichtliche Wechselkandidaten in den jeweiligen Hauptindizes aufzuspüren bzw. die Vorgänge zu beobachten, um auf dieser Welle „mitzuschwimmen“. Das Wissen um die Kriterien, die für die Deutsche Börse als Berechnungsbasis dient, ist daher bedeutsam. So sind die Höhe des täglichen Börsenumsatzes, die Marktkapitalisierung und der Anteil des Streubesitzes ausschlaggebend. Nicht einsichtig ist für Privatanleger aber, inwieweit Investmentbanken und weitere Finanzinstitute den Umschichtungsprozess bereits abgeschlossen haben. Daher bleibt spekulativ als Anhaltspunkt bloß die Wahl, das tägliche Handelsvolumen zu beobachten und einen möglichst idealen Zeitabschnitt zu wählen, um in diesem Prozess Profite zu erzielen.

Keineswegs der sichere Wegweiser
Vor Risiken ist aber auch diese Anlagetaktik keineswegs gefeit. Besonders, falls zu diesem Strategieansatz gehebelte Zertifikate-Varianten bzw. Optionsscheine eingesetzt werden. Schließlich ist ein Auf- oder Abstieg in ein Börsensegment erst mit der Verkündung der Besetzung durch den Börsenbetreiber besiegelt. Kommt es doch anders, geht der Schuss meist durch schlagartig Rückführungen der Orders nach hinten los.

Linde-Aktien aufgrund des Abgangs aus dem Dax zu veräußern oder gar auf fallende Notizen zu setzen, erwies sich als herber Fehltritt. Auch durch die verkündete Anhebung der Quartalsdividende um 9 % auf 1,275 USD/Aktie (1,199 Euro) klettert der Wert gerade an der NYSE auf einen neuen historischen Höchststand.

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