Gute Stimmung nach starkem Jahr

Live aus der HV der Oekostrom AG: Starke Verbundenheit und großes Aktionärsinteresse.

Unter den heimischen Aktiengesellschaften zählt die Oekostrom AG zu den „Ausnahmeerscheinungen“: nicht börsenotiert, großer Streubesitz. Als „Bürgerbeteiligungsgesellschaft“ versteht sich die Oekostrom denn auch, und das war bei der jüngsten Hauptversammlung deutlich zu spüren. Mehr als hundert persönlich erschienene Aktionäre, unter ihnen auch viele Mitarbeiter des Unternehmens, zeugten von einem Interesse, das auch wesentlich größeren Gesellschaften gut zu Gesicht stehen würde. Dass dennoch nur rund 23 % des Grundkapitals im Wiener „Tech Gate“ vertreten waren, liegt wohl daran, dass es eben keine Großaktionäre und damit auch niemanden gibt, der die alleinige Kontrolle über die AG besitzt.

Als Hauptversammlungsbesucher bekommt man hier das Gefühl, dass sich die Aktionäre mehr als in anderen AGs mit dem Unternehmen verbunden fühlen. Mit dazu beitragen dürften auch die Begeisterung und das Engagement, die vom Vorstandsteam Hildegard Aichberger und Ulrich Streibl durchaus glaubwürdig hinübergebracht werden. Vielleicht ein paar Mal zu oft sagte Streibl „es geht uns gut“ oder „die Oekostrom steht super da“, auch wenn das vergangene Jahr tatsächlich sehr gut verlief und mehrere Höhepunkte aufwies. Und vielleicht waren manche Antworten auf Aktionärsfragen ein bisschen zu schwammig. Der guten Stimmung tat das aber keinen Abbruch, die weitgehende Zufriedenheit der Anwesenden setzte sich auch in der Generaldebatte und bei den Beschlussfassungen fort.

Ein Jahr mit vielen Highlights
Mit mehr als 10 Millionen Euro konnte die Oekostrom im vergangenen Jahr ihr Konzernergebnis vervielfachen, nachdem bereits 2021 ein neuer Rekord erzielt worden war. Und das, obwohl 2022 „energiewirtschaftlich wohl das herausforderndste Jahr seit der Energiekrise der 1970er-Jahre“ gewesen ist, wie der Vorstand im Vorwort zum Geschäftsbericht schreibt. Aber, so Streibl: „Wir haben mehr richtig gemacht als falsch.“ Nebeneffekt des guten Ergebnisses: die alten Verlustvorträge aus der Zeit vor 2010 sind nun aufgebraucht, die Steuerquote wird in den nächsten Jahren steigen.

Vor allem hatte das Vorjahr aber eine Vielzahl von Höhepunkten für die Oekostrom zu bieten. Mit der Akquisition der „MeinAlpenStrom GmbH“ stieg die Kundenzahl um rund 14.000 auf nunmehr fast 100.000. Das erst vor kurzem fertiggestellte Repowering-Projekt des Windparks Parndorf oder die Übernahme von drei Photovoltaik-Projekten in der Slowakei haben zum weiteren Anstieg der Produktionskapazität geführt. Und die Kapitalerhöhung im Sommer des Vorjahres hat innerhalb von zehn Tagen 12,6 Millionen Euro in die Firmenkasse gespült. Genug Geld, um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen: Noch vor 2030 will Oekostrom eine Kapazität von 100 MW erreichen – derzeit sind es 78 MW. Aber nicht nur finanziell spiele man nun in einer anderen Liga, wie Aufsichtsratsvorsitzende Astrid Kiener betonte. Denn bei der Kapitalerhöhung konnten auch 860 neue Aktionäre gewonnen werden.

40 Cent Dividende
Aktionärsfragen drehten sich unter anderem um den großen Cashbestand (Streibl: „Wir veranlagen sehr konservativ“), den geplanten Relaunch der Aktien-Handelsplattform (Aichberger: „Das wird ein toller Auftritt“) oder eine Abschreibung von Finanzanlagen, die laut Streibl auf die MeinAlpenStrom zurückzuführen war, die im ersten Jahr ein erwartet schwaches Ergebnis geliefert habe.

Zur Frage eines Anteilsinhabers, welche Pläne die Oekostrom bei der Stromspeicherung verfolgt, versprach Aichberger, „im nächsten Jahr“ eine Antwort geben zu können. Und zur Anlagenwartung war zu erfahren, dass diese hauptsächlich durch Spezialfirmen oder die Hersteller der Anlagen erfolgt. Bei E-Mobilität und bidirektionalem Laden werde man „in nächster Zeit entscheiden, wie wir in diesem Bereich tätig werden“, so Aichberger. Und was das 45-Jahr-Jubiläum der Zwentendorf-Abstimmung (Ablehnung der Atomkraft für Österreich) betrifft, betonte Aichberger das gesellschaftspolitische Engagement des Unternehmens: „Wir werden präsent sein.“

Zu den Tagesordnungspunkten zählten die Umfirmierung auf „oekostrom AG energy group“, die Streichung der Ausstellung von Sammelurkunden für Namensaktien (geplant sei eine Digitalisierung des Unternehmens auch in diesem Bereich), die Wiederwahl der Aufsichtsrätinnen Astrid Kiener und Barbara Liebich-Steiner sowie die Ausschüttung einer Dividende von 40 Cent je Aktie in Form einer KESt-freien Einlagenrückzahlung, wobei die Zustimmung fast durchwegs mehr als 99 % betrug.

Foto: Thomas Kirschner