Kein Ende der Globalisierung
China kann nicht einfach von der westlichen Welt entkoppelt werden.
Harald Kolerus. Die Covid-19-Pandemie, gestörte Lieferketten, der Nachhaltigkeits-Gedanke und letztlich der Ukraine-Krieg: All das sind Argumente dafür, um Produktionsstätten, Schlüsselindustrien und Energieversorgung wieder in die „eigenen Hände“ von Nationalstaaten zu legen. Hat somit das vielbeschworene „Global Village“ sein Ablaufdatum bereits überschritten?
Richard Pan, er ist Head of Global Capital Investment bei China AMC, will das nicht so recht glauben. (ChinaAMC verfügt über Assets under Management von 259 MrdUSD, beschäftigt mehr als 250 Anlageexperten und führt jährlich mehr als 3.000 Unternehmensbesuche durch). Pan war auf Einladung der Partnergesellschaft J. Safra Sarasin in Wien zu Gast, der Börsen-Kurier folgte der Präsentation vor Ort.
Enge Verknüpfung
„Die Globalisierung bleibt weiterhin ein großes Thema und wird die chinesische Wirtschaft unterstützen. De-Globalisierung halte ich nicht für wahrscheinlich, weil die internationalen ökonomische Verflechtungen sehr eng sind. China kann nicht von der Welt entkoppelt werden“, sagte Pan. Übrigens nach seinen Worten auch nicht von den USA, er rechnet sogar damit, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt in den nächsten ein bis zwei Jahren noch zunehmen wird. Eine Ursache dafür sei der „Inflation Reduction Act“ (IRA) der Vereinigten Staaten. Das klingt zunächst einmal kontra-intuitiv, denn eines der erklärten Ziele des IRA ist es ja, wichtige Industriezweige in den USA zu halten bzw. wieder dorthin zurückzuführen. Allerdings ist für den Plan außerdem von wesentlicher Bedeutung, dass dem Klimawandel entgegengewirkt und die „grüne“ Wirtschaft forciert wird.
Hier kommt das Reich der Mitte ins Spiel. Denn es ist ein Großproduzent von Batterien, PV-Panels, LEDs usw., ohne die die Energiewende nicht funktionieren wird. Auch nicht in den USA. Als Beispiel für die „Green Corporation“ nannte Pan die Zusammenarbeit des Auto-Riesen Ford mit CATL, einem chinesischen Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien. Gemeinsam errichtet man eine Fabrik für E-Auto-Batterien im Bundesstaat Michigan, das geplante Investmentvolumen umfasst die stolze Summe von 3,5 MrdUSD.
Als weitere Triebfeder für die chinesische Ökonomie bezeichnete der Experte neben der Globalisierung die hohe Innovationskraft des Landes: „Gemessen am BIP pro Einwohner investiert China mehr in Research and Development (Forschung und Entwicklung) als so manche hochentwickelte Volkswirtschaft.“
Wo die Sonne scheint
Die Dynamik im Reich der Mitte zeige sich nicht zuletzt auch in den heute so wichtigen ESG-Branchen: „Chinesische Photovoltaik-Unternehmen verfügen über niedrigere Bewertungen an der Börse als etwa ihre US-Mitbewerber. Gleichzeitig fällt das Gewinnwachstum pro Aktie höher aus.“ Prinzipiell bezeichnete der Experte chinesische Aktien als attraktiv bewertet.
Wer nun an die China-Story glaubt, könnte den Fonds „JSS Equity – All China“ (ISIN: LU1965 940437) ins Auge fassen. Er setzt auf tiefgehende Fundamentalanalyse und Stock-Picking. Unter den größten Positionen finden sich nur wenige Aktien, die dem durchschnittlichen westlichen Investor wohl ein stehender Begriff sind, so die Technologie-Giganten Tencent und Alibaba. Schwieriger wird es bei Namen wie Lepu Medical (Bereich Healthcare; ein quasi unerschöpflicher Markt in China) oder Wuliangye, der Hersteller des gleichnamigen Spirituosenklassikers in China. Während der Alkoholkonsum in der Volksrepublik generell zuletzt drastisch zurückgegangen ist, gönnt man sich dafür gerne diesen hochqualitativen und gleichzeitig hochpreisigen Drink. In diesem Sinne: Zum Wohle.
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