Maßnahmen zur Stärkung des Kapitalmarktes

Club 20: „Intellectual Property“ gehört ins europäische Bewusstsein gerückt.

Rudolf Preyer. „Die Säulenhalle der Wiener Börse AG war selten so voll“, bemerkte der Hausherr, CEO Christoph Boschan, eingangs einer Gesprächsrunde zum Thema „Der Kapitalmarkt als Wachstumsmotor“. Auf Einladung von Michael Tojner, Unternehmer und Initiator des „Club 20“, wurden am 13. Juni die Rahmenbedingungen für einen dynamischen heimischen Kapitalmarkt erörtert. Börsen-Kurier-Leser konnten daran kostenlos teilnehmen.

Die Grundvoraussetzungen lassen sich so skizzieren: Im Gegensatz zu den USA wird Venture Capital und Private Equity (VC/PE) zur Unternehmensfinanzierung in Europa und insbesondere in Österreich nach wie vor stiefmütterlich behandelt. Während die Amerikaner durchschnittlich 490 Euro im Jahr investieren, liegt das Investment in Österreich gerade einmal bei 15 Euro pro Kopf.

Weiters: Die größten und erfolgreichsten Unternehmen der Welt – Apple, Microsoft, Google, Tesla oder Amazon – wären ohne Beteiligungskapital und einen dynamischen Kapitalmarkt nie zu Global Playern geworden.

Was braucht also der Börseplatz Österreich, um die volkswirtschaftliche Dynamik der Kapitalmärkte besser nutzen zu können? Und wie lässt sich ein breites positives Bewusstsein für Venture Capital und Private Equity schaffen?

Innovativen Ideen aufgeschlossener Minister
Andreas Treichl
, heute Chairman der Erste Stiftung, sprach von einer „langfristigen Vernichtung der europäischen Mittelschicht“: Aufgrund der negativen Realzinsen verlieren die rund 200 Millionen europäischen Haushalte, die insgesamt in etwa 8 Billionen Euro an Einlagen aufbringen, rund „100 bis 500 Milliarden Euro jährlich“. Es müsse uns am gesellschaftlichen Zusammenhalt in Europa gelegen sein. Das Verheerende sei aber: „Kein österreichischer Politiker“ – ganz gleich, welcher Couleur – spreche sich (immer auf die nächste Wahl schielend) klar für den Kapitalmarkt aus.

Die Runde einigte sich hierauf aber rasch: der jetzige ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner wäre gegenüber solchen Themen wie Steuernachlässe, Mitarbeiterbeteiligungen und KESt-Befreiung „prinzipiell aufgeschlossen“, auch ließe sich mit ihm das Thema Behaltefrist „gut diskutieren“. Viel-leicht werde sich Letztere nicht unbedingt auf ein Jahr hinunterkürzen lassen – aber deutlich weniger als zehn Jahre dürfen es dann schon sein.

Nach dem Ende des industriellen Kapitalismus vor gut 40 Jahren habe unter dem Begriff „Intellectual Property“ (sprich: Eigentumsrechte an Schöpfungen des menschlichen Intellekts) eine neue Art des Wirtschaftens die globale Führungsrolle angetreten. Leider aber, so Treichl, haben sich hier in den europäischen Ländern keine Weltmarktführer etablieren können. „Intellectual Property“ eigne sich eben nicht besonders für Bankenfinanzierungen. Die Wirtschaft in Europa sei zu 75 % von Banken finanziert, der „Rest“ stamme vom Kapitalmarkt – in den USA verhalte es sich genau umgekehrt.

Etliche Elemente harren noch der politischen Umsetzung
Tojner machte (Stichwort Risiko-aversion) „Mut zum Scheitern“ – mutige Unternehmer in unseren Breitengraden brauchen folglich „Risikokapital von außen sowie durch die Börse“. Stichwort Finanzbildung: Treichl wünschte sich, dass „bereits Kinder zu 80 %“ am Kapitalmarkt finanziert seien, aktuell seien es „gerade 4 %“. Überdies weise das österreichische Pensionssystem zu nur 12 % eine Kapitaldeckung auf. Und Boschan mahnte abschließend in Richtung Regierung die politische Umsetzung ein: „Wir fordern an Maßnahmen zur Stärkung des heimischen Kapitalmarktes vor allem das ein, was ohnedies schon im Regierungsprogramm steht.“

Foto: Club 20 / Niklas Schnaubelt