Warum uns die Amerikaner beneiden

EU-weite Konzession für Crypto-Asset-Anbieter ohne Drittstaaten-Bevorzugung.

Barbara Ottawa. Besser hätte das Timing nicht sein können. Als der Seminaranbieter IMH den „Spezialtag MiCAR“ plante, konnte noch niemand ahnen, dass die europäische Regulierung für den Crypto-Asset-Markt wenige Tage zuvor, am 9. Juni, im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Noch nicht einmal die deutsche Übersetzung der „Markets in Crypto Asset Regulation“ (MiCAR) war offiziell fertig. Die EU hat damit das allererste Regelwerk für Crypto-Asset-Märkte herausgebracht. Die USA und einige asiatische Länder haben befürchtet, dass ein solches Regelwerk Innovationen bremsen könnte.

„Jetzt wird Europa von US-Firmen ‚gehyped‘“, berichtete Martin Hanzl, Head of New Technologies bei EY Law – Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte. „Jeder will in den sicheren Hafen, weil es große Unsicherheiten im US-Markt gibt.“ Unternehmen aus dem Finanztechnikbereich seien gerade dabei, sich anzusehen, welches EU-Land als Firmensitz interessant sein könnte. Österreich werde hier definitiv wegen „seiner guten Reputation“ im Finanzbereich ins Spiel gebracht, so Hanzl.

Dass die EU im Crypto-Asset Bereich nicht den gleichen Fehler machen wollte wie bei der Geldwäsche oder im Wertpapierhandel, darüber waren sich die Konferenzteilnehmer einig: Anders als die AMLD oder die MiFID ist die MiCAR eine Verordnung, die den Mitgliedstaaten nur wenig Auslegungsspielraum lässt.

Die Angst vor Facebook
Der Anlassfall für die EU, die MiCAR voranzutreiben, waren die Versuche der Meta-Gruppe rund um Facebook, eine Krypto-Währung oder „stable coin“ einzuführen. Dieser Begriff kommt jetzt in der Verordnung nicht vor. „Man wollte nicht den Eindruck von Stabilität im Bereich dieser Krypto-Währungen vermitteln“, berichtete jemand, der bei den Verhandlungen dabei war, aber nicht zitiert werden will.

Definiert werden Crypto Assets in der MiCAR als digitale Abbildung eines Rechts oder eines Wertes, die über DLT (Distributed Ledger Technology) oder ähnliches übertragbar ist. Hier habe man sich „nicht auf Blockchain festnageln“ wollen, um zukünftige technologische Entwicklungen mit einzubeziehen. Insgesamt seien viele Begriffe im Gesetzestext anders zu jenen, die in der Krypto-Welt verwendet werden. So wurde die „stable coin“ zu einem „Asset-referenced token“ (ART) und das „Payment token“ zum „Electronic money token“ (EMT). Der Redner bestätigte auch, dass in Österreich an der technischen Umsetzung „mit Hochdruck“ gearbeitet werde. Bis nächsten Sommer müssen alle Mitgliedstaaten eine zuständige Behörde nennen. „Das geht nur mit einer stabilen Regierung“, sagte er mit einem kleinen Seitenhieb.

Grüne Bombe
„Beinahe zerschossen“ hätte die MiCAR die Diskussion um die Nachhaltigkeit der Krypto-Branche. Dazu berichtete Max Tertinegg, Geschäftsführer von Coinfinity, dass „Bitcoin-Mining mittler-weile einer der grünsten Bereiche ist“. Vor allem deshalb, weil erneuerbare Energien den günstigsten Strom liefern. Außerdem könne die Branche überschüssige Spitzen aus solchen Energiequellen abschöpfen. Auf europäischer Ebene wurde der Kompromiss gefunden, dass Energieverbrauch und CO2-Fußabdruck von Anbietern offengelegt werden müssen.

Unter die MiCAR fallen auch Dienstleistungen in Bezug auf Crypto-Assets, so wie etwa Beratung. Für die Ausgabe vom ART und EMT muss – außer von Banken – um eine Konzession angesucht werden, die dann EU-weit gilt. Alle Anbieter müssen einen Sitz innerhalb der EU haben, auch wenn sie hier nur werben wollen.

Noch habe sich in Österreich niemand für die Lizenz um einen Crypto-Asset-Service Provider (CASP) gemeldet, bestätigte Angelika Ploner von der FMA. „Aber einige heimische Player stehen schon in den Startlöchern und wir haben die ersten Rechtsfragen zu Auslegungen erhalten.“

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