US-Aktienmarkt gut gewappnet für unruhigere Zeiten

S&P500 könnte von der Breite des Marktes und der Stärke der US-Konsumenten profitieren.

Patrick Baldia. 2023 war bislang ein sehr erfreuliches Jahr für die großen und breiten US-Benchmarks. So ist der S&P 500 seit Jahresbeginn um 18 % gestiegen, der techlastige Nasdaq sogar um 41 %. Die Inflation ist über diesen Zeitraum spürbar zurückgegangen. „Das sollte sich weiter fortsetzen, was auch ein absehbares Ende des US-Zinsanhebungszyklus bedeutet“, sagt Christian Hinterwallner, Head of Equity Research bei der Raiffeisen Bank International (RBI), im Gespräch mit dem Börsen-Kurier. Positiv sei, dass die Wirtschaft in den USA zwar abkühlen werde, eine Rezession aber allenfalls milde ausfallen sollte.

Anders als viele große Brokerhäuser, die aktuell pessimistisch für die Aktienmärkte eingestellt sind, bleiben die Analysten der RBI optimistisch. Hinterwallner begründet das neben dem erwarteten „Soft Landing“ der US-Wirtschaft und dem absehbaren Erreichen der Zinsspitze auch mit den Unternehmensgewinnen. Diese würden sich halten. Nach dem Rekordniveau in 2022 sollten sie heuer stagnieren, um 2024 wieder um rund 11 % zuzulegen. „Das zeigt, dass die Unternehmen die inflationsbedingten Kostenzuwächse an die Endkunden weitergeben können“, hält Hinterwallner fest.

„Knackige“ Bewertungen
Nachdem US-Growth-Aktien im Vorjahr wegen den Zinsanstiegen über Gebühr verloren haben, sind sie heuer sehr gut gelaufen. Allein die Top-5-Nasdaq-Titel, Amazon (ISIN: US0231351067), Apple (US 0378331005), Alphabet (A-Aktie: US02079K3059), Microsoft (US5949181045) und Nvidia (US67066G1040) haben Year-to-date im Mittelwert um mehr als 70 % zugelegt. „Auch der KI-Boom hat geholfen“, so Hinterwallner, um im selben Atemzug hinzuzufügen: „Die Bewertungen von US-Aktien kann man nach den jüngsten Kursanstiegen durchaus als ‚knackig‘ bezeichnen.“

Auch bei J.P. Morgan Asset Management sieht man den US-Aktienmarkt für unruhigere Zeiten „gut gewappnet“. Die Breite des Marktes und die Stärke der US-Konsumenten könnten den S&P 500 im Vergleich zu Europa etwas robuster dastehen lassen, meint Kapitalmarkstratege Tilmann Galler und verweist ebenfalls auf die wieder steigenden Gewinnerwartungen für die USA – auch bei „Big Tech“. Gleichzeitig warnt er allerdings auch vor zu optimistischen Gewinnerwartungen für die nächsten zwölf Monate.

Zwischenzeitliche Konsolidierung
Im Vorteil sieht man bei J.P. Morgan vor allem Qualitätsaktien. „Die Dividendenausschüttungen sollten stabil bleiben, da die Ausschüttungsquoten weiterhin auf einem relativ tiefen Niveau liegen“, so Galler. Günstig bewertete Unternehmen sieht er in den USA vor allem noch im Gesundheitswesen, aber auch bei Versicherungen oder einigen Finanzdienstleistern wie Kreditkartenunternehmen. Den Analysten der RBI gefallen in den USA aktuell unter anderem Amazon, Bank of America (US0605051046) und Walt Disney (US2546871060).

Auch wenn man sich bei der RBI optimistisch für die Aktienmärkte gibt, wurden die großen Aktienmärkte von „Kaufen“ auf „Halten“ herabgestuft. „Wir können uns im zweiten Halbjahr auch eine zwischenzeitliche Phase der Konsolidierung vorstellen“, so Hinterwallner, nur um darauf hinzuweisen, dass das ein guter Einstiegszeitpunkt sein könnte. Für den ATX lautet die Empfehlung im zweiten Halbjahr 2023 „Kaufen“. Der Hintergrund: Der hohe Bewertungs-Discount gegenüber den großen Indizes. Zwei interessante ATX-Titel sind laut Hinterwallner die OMV und die Erste Group.

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