Aufwertungswährung Schweizer Franken

Eine niedrigere Inflation als im Euroraum führt zu kontinuierlicher Aufwertung.

Michael Kordovsky. Wer Geld in Schweizer-Franken-Anleihen anlegt, erhält zwar weniger Zinsen als im Euroraum, gleicht langfristig dieses Manko aber durch eine kontinuierliche Aufwertung aus. In den vergangenen drei Jahren wertete der Franken zum Euro um 12,55 % auf, in den vergangenen fünf Jahren waren es 19,82 %, und in den vergangenen zehn Jahren 28,67 %. Noch länger zurück bis zur Euro-Einführung Anfang Jänner 1999 liegt die Aufwertung sogar bei 70,7 % (per 26.8.2023). Vereinfacht ausgedrückt: Die jährliche Frankenaufwertung bewegt sich zwischen 2,8 und 3,1 % p.a. – gut für diejenigen, die sich ihr Geld in Franken verdienen (und in Österreich wohnen) oder dort veranlagt sind, aber schlecht für Frankenschuldner, die mittlerweile auf einen SARON (Referenzzinssatz) von 1,70 % noch einen Aufschlag von bspw. 1,50 %-Punkte zahlen. Zwar ist seit Verhängung des Neuvergabe-Stopps 2008 und den begleitendenden Maßnahmen zur Begrenzung des Risikos in Österreich bis Ende 2022 das aushaftende FX-Kreditvolumen um 85 % auf 8,6 Mrd. Euro gesunken. Doch 97,9 % des FX-Kreditvolumens sind Frankenkredite, die vorsichtige Kreditnehmer besser in Euro-Kredite mit langjähriger Fixzinsbindung konvertieren sollten.

Auf Zwölf-Monats-Sicht bestehen dabei zwischenzeitlich noch durchaus gute Ausstiegschancen, denn aufgrund eines gelungenen Abbaus der Devisenreserven der SNB (Schweizerische Nationalbank) könnte es nach jüngstem Aufwertungsschub noch eine weitere Verschnaufpause für einen noch einigermaßen erträglichen Ausstieg geben.

Tauwetter
Hintergrund: In den Corona-Jahren 2020 und 2021 hat die SNB zur Eindämmung der Frankenaufwertung jeweils 110 bzw. 21,1 Mrd. CHF (115,15 bzw. 22,09 Mrd. E) zur Intervention am Devisenmarkt aufgewandt. Bis zum zweiten Quartal 2022 sind seit 2015 rund 350 Mrd. CHF (366,37 Mrd. Euro) an Devisenkäufen zusammengekommen. Die Folge waren 2022 hohe Bilanzverluste von 132 Mrd. CHF (138,17 Mrd. Euro) und ein Entfall der Dividendenausschüttungen an die Kantone. Doch seit dem zweiten Quartal 2022 verkauft die SNB wieder Devisen. Wechselkursverluste und Abbau von Devisenreserven führten zuletzt wieder zu schrumpfenden Volumina: Die Devisenanlagen der SNB sind von Jänner 2020 bis 2022 von 783 Mrd. CHF (819,62 Mrd. Euro) auf einen Peak von 977 Mrd. CHF (1.022,69 Mrd. Euro, Jänner 2022) gestiegen, ehe bis Juni 2023 wieder ein Rückgang auf 741,6 Mrd. CHF (748,02 Mrd. Euro) bzw. 104 % des BIP im Jahr 2022 folgte. Infolge einer Beruhigung der Bond- und Aktienmärkte wies die SNB im ersten Halbjahr wieder einen Gewinn von 13,7 Mrd. CHF (14,34 Mrd. Euro) aus. Diese Entspannungsphase könnte sogar in einen zwischenzeitlich schwächeren Franken übergehen, sollte der Ukrainekrieg enden und sich auch die Situation China/Taiwan entspannen. Selbst eine längere Periode steigender Aktienmärkte könnte einer Frankenaufwertung entgegenwirken. Doch Vorsicht: Die Inflationsdifferenzen bleiben.

Inflationsdifferenzen
Würde die Wechselkursparität EUR/CHF immer gleich sein, dann würden sich Euroraum-Waren für die Schweizer Importeure im Laufe der Zeit dermaßen verteuern, dass sich ein Import nicht mehr lohnt. Zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ist eine Abwertung des stärker inflationären Euros erforderlich. Besonders eklatant waren die Inflationsdifferenzen zwischen Euroraum und der Schweiz während des jüngsten Inflationsschocks ehe mittlerweile wieder Normalisierungstendenzen zu beobachten sind. In den Monaten Juni und Juli 2023 standen je 1,7 bzw. 1,6 % in der Schweiz je 5,5 bzw. 5,3 % im Euroraum (Quelle: EuroStat) gegenüber. Das ist im Juni eine Inflationsdifferenz von 3,7 %-Punkten. Am Höhepunkt der Inflation im Oktober 2022 standen 10,6 % an Teuerung im Euroraum nur 3 % in der Schweiz gegenüber – eine Differenz von 7,6 %-Punkte. Doch langfristig rückblickend auf die Jahre 2001 bis 2022 stand eine durchschnittliche Inflationsrate von 0,5 % in der Schweiz einem Durchschnittswert von 2 % im Euroraum gegenüber. In diese Periode fielen auch faktische Nullinflationsphasen. Heute ist die Situation anders: Wird die Ukraine wirklich den Transit russischen Erdgases untersagen, dann könnten weitere Jahre mit höheren Inflationsdifferenzen und somit langfristig gesehen (ab 2025) erneute Aufwertungswellen im Franken bevorstehen.

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