Grüner Wasserstoff noch Nischenthema
Die Anlagen zur Wasserstofferzeugung werden immer leistungsstärker.
Christian Sec. Euphorie oder ein großes Bedürfnis, über das Thema Wasserstoff zu kommunizieren, war nicht festzustellen, als der Börsen-Kurier heimische AGs um Auskunft nach ihrem Engagement in diesem Bereich bat. Die Freude, neue Projekte in diesem Bereich anzukündigen, wich offenbar einer gewissen Ernüchterung. Auch ein Blick auf die Preischarts als Stimmungsbarometer zeigt deutlich, dass die Blase der Euphorie geplatzt ist. Auf der London Stock Exchange handelt Wasserstoff derzeit rund 50 % niedriger als noch vor zwei Jahren. Die Wasserstoff-ETFs traf es in ähnlichem Ausmaß.
Grün statt grau
Noch wirkt die industrielle Erzeugung von grünem Wasserstoff ein wenig wie eine Feigenblattstrategie, nicht zuletzt, um von den institutionellen Investoren für Artikel-8- und Artikel-9-Fonds nicht ignoriert zu werden. Fast 95 % des heute genutzten Wasserstoffs weltweit stammen noch immer aus fossilen Energieträgern (grauem Wasserstoff), auch weil die Gestehungskosten im Vergleich zum grünen Wasserstoff deutlich geringer sind. Mehr als 80 % der Nachfrage an Wasserstoff entfallen auf die Raffinerie- und Chemieindustrie.
Die OMV will den grauen Wasserstoff durch grünen Wasserstoff in Zukunft zumindest teilweise substituieren. Aktuell sind die Baustellenaktivitäten betreffend der größten Elektrolyseanlage Österreichs in der OMV-Raffinerieanlage in Schwechat bereits sehr weit fortgeschritten, wie der Konzern gegenüber dem Börsen-Kurier erklärt. Vor zwei Jahren, als die OMV das rund 25-MioE-Projekt ankündigte, wurde jedenfalls das zweite Halbjahr 2023 als Start für die Elektrolyseanlage kommuniziert. Die jährliche Leistung soll bis zu 1.500 Tonnen an grünem Wasserstoff betragen. Eingesetzt wird der grüne Wasserstoff in der Raffinerie zur Hydrierung von biobasierten und fossilen Kraftstoffen. „Dabei schuf der Gesetzgeber in der letztgültigen Kraftstoffverordnung einen Anreiz, nachdem der Einsatz von grünem Wasserstoff zur Produktion von Kraftstoffen anerkannt wird“, so die OMV.
Immer stärker
Schon 2919 hat die Voestalpine auf ihrem Werksgelände gemeinsam mit Partnern wie Siemens und Verbund eine Elektrolyseanlage zur Testung der Erzeugung von grünem Wasserstoff in Betrieb genommen. Das 18-Millionen-Euro-Projekt wurde zu zwei Drittel von der Europäischen Union gefördert. Für die gesamte Stahlherstellung würde der Konzern die 400fache Kapazität von „H2Future“ benötigen, wird die Voestalpine von verschiedenen Medien zitiert.
Der Verbund, Partner des Stahlkonzerns beim „H2Future“-Projekt, hat bereits andere Pläne, was die Erzeugung von grünem Wasserstoff angeht. Gemeinsam mit der Burgenland Energie hat der Energieversorger die Absicht, eine Elektrolyseanlage mit Strom aus Wind und Photovoltaik zu errichten. Die Anlage soll ab dem Jahr 2026 rund 9.000 Tonnen grünen Wasserstoff jährlich produzieren und im Vollausbau ab 2030 sogar bis zu 40.000 Tonnen. Die Leistungsfähigkeit der Elektrolyseanlagen wird dabei immer größer. Die Elektrolyseanlage des „H2Future“-Projekts, die 2019 startete, leistet 6 Megawatt (MW), die OMV-Anlage mit geplantem Start 2023 wird bereits 10 MW leisten, und die Anlage des Verbunds gemeinsam mit Burgenland Energie soll 2026 in der ersten Ausbaustufe dann schon 60 MW leisten und schlussendlich sogar 300 MW.
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