Kommt nun der Crash?

Es mehren sich die Anzeichen für Korrektur an den Aktienmärkten.

Raja Korinek. Die globalen Aktienmärkte haben jüngst ein gutes Stück zugelegt. Dies trifft vor allem auf die USA zu. Die Zinswende in vielen Regionen scheinen Anleger vorerst noch zu ignorieren, ein Umstand, den Stefan Riße, Kapitalmarktstratege bei Acatis Investment, vorsichtig stimmt. Im Gespräch mit dem Börsen-Kurier meint Riße, dass er solch einen Kursanstieg angesichts der restriktiveren Geldpolitik nicht erwartet hätte.

Seine Vorsicht begründet Riße mit Parallelen zu 1987. Damals, am 19. Oktober, kollabierten die Börsen, der Tag ging als „Schwarzer Montag“ in die Geschichtsbücher ein. Allein der Dow Jones fiel im Tagesverlauf um fast 23 %. Doch was war geschehen? Auch damals stiegen die kurzfristigen Zinsen – der Federal Funds Rate – kräftig an, sagt Riße. Im Jänner 1987 notierte der Satz bei 7 % und lag wenige Monate später über 10 %.

Höhere Zinsen bremsen
Riße ist überzeugt, dass auch heute die höheren Zinsen spürbare Folgen auf Unternehmen haben werden. Er nennt zudem weitere wirtschaftliche Faktoren, die ihn vorsichtig stimmen und verweist etwa auf die rückläufige Entwicklung des „J.P.Morgan Global Manufacturing PMI“. Der Konjunkturindikator legt den Fokus auf das verarbeitende Gewerbe weltweit und war zuletzt nach unten gedreht. Dies deutet auf eine Kontraktion der Wirtschaft hin.

Auch die rückläufige Entwicklung beim Einkaufsmanagerindex in der Eurozone – er misst die Lage in der Industrie und im Dienstleistungssektor – kündigt Riße zufolge eine Rezession an. Der Index war im Monat August auf 46,7 Punkte noch weiter unter die wichtige Marke von 50 Punkten gerutscht, ein deutliches Zeichen einer Kontraktion.

Rezessionssignale mehren sich
Auch jenseits des Atlantiks geben jüngste Entwicklungen dem Kapitalmarktstrategen wenig Grund zu Optimismus. Dort sei nämlich der Conference-Board-Index im Minus. „In der Vergangenheit deutete dies immer wieder auf eine Rezession. Doch auch am US-Arbeitsmarkt gibt es erste Anzeichen einer Abschwächung.“ So kündigten inzwischen weniger Menschen ihre Jobs, in der Angst, keine neue Stelle zu finden.

Riße meint jedoch auch, dass die Notenbanker in eine veritable Zwickmühle geraten könnten, wenn im aktuellen Umfeld auch noch die Ölpreise weiter ansteigen, die Teuerung somit erneut anheizen. Denn dann müssten sie ihre straffere Geldpolitik womöglich länger durchziehen, anstatt die Zinsen zu senken, um den konjunkturellen Einbruch abzufedern. „Dies könnte die Aktienmärkte belasten.“

Bilanzabbau der Notenbanken
Der Acatis-Experte mahnt oben-drein, den Fokus nicht nur auf die Zinsentscheidung zu legen. Schließlich schrumpfen die Fed sowie die EZB ihre Bilanzen. Sie haben in den vergangenen Jahren große Summen in den Kauf von Anleihen investiert, das Volumina wird nun abgebaut. Damit fallen wichtige Bondkäufer vom Markt weg, weshalb auch die Anleiherenditen vom aktuellen Niveau noch steigen könnten. Zuletzt lag etwa die 10-Jahres-Rendite deutscher Bundesanleihen bei rund 2,7 %.

Angesichts höherer Renditen verteuern sich damit die Refinanzierungskosten für Unternehmen, beispielsweise dann, wenn sie neue Anleihen begeben. Riße verweist aber auch auf gestiegene Kosten etwa für Kreditkartenschulden oder Darlehen für den Kauf von Autos jenseits des Atlantiks. „Schon jetzt erzielen rund 43 % aller US-Unternehmen keinen positiven freien Cashflow.“ Riße mahnt Anleger daher zu Vorsicht an der Börse, eine Korrektur könnte bald drohen.

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