Schwieriges Umfeld für Immobilienfonds

Anleger waren im ersten Halbjahr 2023 zurückhaltender bei offenen Produkten.

Patrick Baldia. Die starke Zinserhöhung seit Sommer 2022, Inflation und die Angst vor zurückgehenden Immobilienpreisen hält weiterhin den Investmentmarkt in Atem. In Zahlen: Im ersten Halbjahr 2023 wurden laut der EHL Investment Consulting 1,2 Mrd. Euro in heimische Gewerbeimmobilien investiert. Das entspricht einem Rückgang von 45 % gegenüber dem Vorjahr. Auch Kleinanleger zeigen sich angesichts des schwierigen Umfelds vorsichtiger. Laut dem FMA-Bericht „Asset Management im 2. Quartal 2023“ haben offene Immobilienfonds seit Jahresbeginn einen Rückgang von 3 % verzeichnet. Das Fondsvermögen beläuft sich bei 10,6 Mrd. Euro.

Der größte heimische Immobilienfonds, der „Real Invest Austria“ (ISIN: AT0000634365), der ausschließlich in Österreich investiert ist, hat in den vergangenen zwölf Monaten eine Performance von 3 % erzielt. Der „Erste Immobilienfonds“ (AT0000A08SG7), die heimische Nummer zwei, hat ein Plus von 2,12 % vorzuweisen. Der von Peter Karl, CEO der Erste Immobilien KAG, gemanagte Fonds setzt seit jeher einen Fokus auf Wohnimmobilien (Portfolioanteil: 66 %). Büro- und Gewerbeobjekte kommen auf 28 bzw. 6 %. Den widrigen Marktgegebenheiten zum Trotz, haben sich die beiden Assetklassen im Vorjahr durchaus positiv entwickelt. So konnten vor allem in den Ballungszentren Wien, Graz und Hamburg 8.200 Quadratmeter an Büro- und Gewerbeflächen vermietet werden.

„Immobiliengeschäft läuft“
„Das Immobiliengeschäft läuft – und zwar besser als erwartet. So ist es uns gelungen, Inflationsanpassungen durchzusetzen und die Auslastungen sowie Neuvermietungen unserer Immobilien auf einem hohen Niveau zu halten“, zieht Karl eine positive Bilanz. Als Gründe dafür, nennt der Experte den Fokus auf besonders hochwertige und nachhaltige Immobilien im Portfolio, erfolgreiche Modernisierungsmaßnahmen sowie das große Engagement und die Ausdauer in den Vertragsverhandlungen.

Auf Einjahressicht hat der „Erste Immobilienfonds“ um 2,12 % zugelegt. Etwas besser unterwegs ist in den vergangenen zwölf Monaten mit einem Plus von 3 % der „Immofonds 1“ (AT0000A0S392). Der Fonds von Union Investment ist etwas breiter aufgestellt und neben der Assetklasse Büro (47 %) auch in Einzelhandel (17,58 %), Wohnen (14,53 %), Hotel (14,02 %) und Logistik (5,93 %) investiert. Auch hier gibt es auf der Vermietungsseite Positives zu berichten. Erst kürzlich konnte beispielsweise der Mietvertrag mit einem Bestandsmieter im Düsseldorfer Bürogebäude Global Gate III, das zum Bestand des „Immofonds 1“ zählt, vorzeitig um fünf Jahre verlängert werden. „Ich mache bei den meisten Akteuren am Investmentmarkt, auch beim Mitbewerb, weiterhin große Zurückhaltung aus“, sagt Jenni Wenkel, CIO bei Union Investment Real Estate Austria, gegenüber dem Börsen-Kurier. Dabei würde es aktuell durchaus Sinn machen, antizyklisch zu investieren. „Als Käufer ist man derzeit sicher im Vorteil.“

Auf der Käuferseite
Keineswegs zurückhaltend ist dagegen das Management der in Österreich zugelassenen Immobilienfonds von Corum. Im Vorjahr wurden für den „Corum Origin“ (FR0013398039) und den „Corum XL“ (FR0013397692) nicht weniger als 45 Immobilien für 1,2 Mrd. Euro gekauft. Und auch heuer ist man groß auf der Käuferseite unterwegs. Und zwar weitgehend ohne Fremdfinanzierung, was im aktuellen Zinsumfeld natürlich ein deutlicher Wettbewerbsvorsteil ist. Gute Gelegenheiten würden sich grundsätzlich in allen Assetklassen in ganz Europa finden, mit Ausnahme von Österreich, wo man keine Immobilien besitze, wie Corum-Gründer Frédéric Puzin dem Börsen-Kurier verrät. Schließlich würden immer mehr Eigentümer unter Druck stehen, was zu den besten Opportunitäten führe. Dass die Strategie nicht ganz falsch sein kann, zeigt die Performance der Fonds: Während die heimischen offenen Immobilienfonds 2022 eine durchschnittliche Wertentwicklung von 2,4 % aufgewiesen haben, haben „Corum Origin“ und „Corum XL“ ein Plus von rund 11 bzw. 9 % erzielt.

Foto: AdobeStock / Tiberius Grachuss