Defensive Aktien mit Potenzial

Unternehmen mit stabilen Umsätzen und Erträgen sorgen für Sicherheit im Portfolio.

Patrick Baldia. Allzu viel sollte sich in den kommenden Wochen an den Börsen nicht tun, so der Grundtenor unter Experten. Erwartet wird eine moderate, niedrig positive Entwicklung. Auf der Rechnung haben sie eher Wachstumswerte, die auch im ATX traditionellerweise den Ton angeben. Es finden sich aber an der Wiener Börse durchaus auch defensivere Titel, die aufgrund ihrer Geschäftsmodelle mit stabilen Umsätzen und Erträgen weniger abhängig von Konjunkturzyklen sind. Dazu zählen Unternehmen aus den Sektoren Versorger, Telekommunikation, Basiskonsum sowie ausgewählte Financials, die obendrein Kurspotenzial aufweisen.

Auf der Liste der aktuellen Kursempfehlungen der Erste Group findet sich etwa die EVN. Der integrierte Energieversorger ist im aktuellen Geschäftsjahr stark unter-wegs und hat bereits in den ersten neun Monaten sein Jahresziel leicht übertroffen. Die Erste-Group-Analysten halten die bestätigte Guidance für „eher konservativ“, sie sollte möglicherweise zu übertreffen sein. Was die Kursentwicklung betrifft, sehen sie ebenfalls noch Potenzial nach oben, was das Kursziel von 30,50 Euro beim aktuellen Kurs von rund 25 Euro nahelegt.

Beim Verbund, an dem die EVN einen Anteil von 12,63 % hält und sich dementsprechend über saftige Dividendenzahlung freuen kann, lautet die Empfehlung hingegen „nur“ Akkumulieren. „Die Aktie notiert aktuell bei einem KGV von 12x und damit zu günstig in unseren Augen“, meint Analyst Petr Bartek von der Erste Group.

Kaufempfehlung: Telekom Austria
Auch die Telekom Austria wird weiterhin zum Kauf empfohlen, bei einem Kursziel von 8,50 Euro (aktueller Kurs: 6,60 Euro). Das Papier ist bereits seit Jahresbeginn stark unterwegs und hat insgesamt ein Plus von 36 Euro zu Buche stehen. Auch die Abspaltung des Funkmasten-Geschäfts wird von den Experten weiterhin positiv gesehen. Aktionäre würden von den deutlich höheren Bewertungen der Funkturmgesellschaften mit ihrem stabilen, gut prognostizierten Geschäftsprofil profitieren.

Nicht so viel Kurspotenzial wird aktuell hingegen klassischen defensiven Werten wie Agrana (Empfehlung: Halten) oder Mayr-Melnhof (Halten) zugesprochen.

Trotzdem empfiehlt es sich vorsichtig zu bleiben
Thomas Grüner
, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fischer Investments, warnt allerdings davor, defensive Geldanlagen automatisch als „sicher“ anzusehen. „Wann immer Sie eine als ‚sicher‘ bezeichnete Anlage sehen, sollten Sie sich informieren, Fragen stellen und Nachforschungen anstellen“, sagt er. Denn „sicher“ gäbe es nicht. Man dürfe nicht vergessen, dass etwa auch Versorgungsunternehmen geschäftlichen Risiken ausgesetzt seien. Und der Besitz vieler defensiver Aktien in einem Bullenmarkt enorme Opportunitätskosten mit sich bringen könne. „Das ist ein sehr reales Risiko, das viele außer Acht lassen“, so der Experte.

Auch vor einem zu starken Fokus auf Dividendenaktien rät Grüner ab. Diese würden seit den Höchstständen im Jänner 2022 immer leicht vorne liegen. Er zeigt sich aufgrund der Sektor- und Stilzusammensetzung des dividendenstarken Aktienuniversums skeptisch, ob diese Kategorie zum großen Gewinner des Bullenmarkts werde. In der Regel wären Dividendenaktien nämlich in Value-orientierten Bereichen angesiedelt, zum Beispiel bei Versorgern, Finanztiteln, Basiskonsumgütern und im Gesundheitswesen.

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