Die zeitlose Strategie des Value-Investing
Experte Hendrik Leber hielt ein Plädoyer für eine wertorientierte Geldanlage.
Roman Steinbauer. Am 10. Oktober lud das Private-Banking-Team der Steiermärkischen Sparkasse zu einem Vortrag mit Investor Hendrik Leber in die Zentrale am Grazer Sparkassenplatz. Da sich eine über dreistellige Zahl an Teilnehmern zur Veranstaltung anmeldete, wurde die Rede des Gründers der Frankfurter Acatis Investment Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH vom vorgesehenen Schlossbergsaal in das großräumige Lobby-Foyer verlegt. Leber, der sich nach dem Vorbild von Benjamin Graham und Warren Buffett als Vertreter des „Value Investing“ versteht, startete seine Laufbahn bei McKinsey und wechselte 1989 in das Bankhaus Metzler.
Das Vorstandsmitglied der Steiermärkischen Sparkasse, Oliver Kröpfl, sowie der Leiter des Private Banking Graz, Karl Freidl, verwiesen einleitend in wenigen Sätzen auf Lebers Stellung am Finanzmarkt. Mit dem Fonds-Produktportfolio der Acatis (Anlagevolumen von insgesamt mehr als 12 Milliarden Euro) offeriert Leber (mit akademischem Bildungsweg in St. Gallen und den USA) Anlegern eine „unabhängige Fondsboutique“, deren Schwerpunkt auf ein Langfrist-Value-Investing ausgerichtet ist.
Langfristig kompromisslos für Aktien
Zu Beginn holte der Gast philosophisch aus um darauf hinzuweisen, die Zukunft nicht als unvorhersehbares Vorkommnis zu sehen: „Zukunft ist nur die fortgeschriebene Gegenwart.“ Danach verwies er auf mathematische Fakten und betonte den bei Anlegern nach wie vor unterschätzten Zinseszinseffekt mit den Worten: „Das ist eine gewaltige Kraft.“ Um sich für Aktienengagements zu entscheiden, gebe der anvisierte Zeithorizont eine eindeutige Antwort. Leber: „Für die Haltedauer von einem Jahr empfehle ich nie Aktien, für zehn Jahre immer!“
Die Themen des Referats bezogen sich vorwiegend auf künftige, chancenreiche Entwicklungen in den Sektoren Erneuerbare Energien, Biotechnologie oder Künstliche Intelligenz (KI). Grundsätzlich sieht Leber zwei Vorgangsweisen, um für Acatis Investitionen anzubahnen, entweder mittels der handwerklichen Arbeit oder der Nutzung vorprogrammierter KI. Er ergänzte: „Wir haben kein Problem, die Arbeit an KI abzugeben und agieren seit Jahren damit. Wir sind Systematiker, es ist ein Training des Computers für das Portfolio.“ Ausschlaggebend sei es, ausgefeilte qualitative und quantitative Techniken zu implementieren.
Zeit und Beständigkeit als Stütze
Im Schwerpunkt sollten Anleger Unternehmen Aufmerksamkeit schenken, die die vielfältigen Kundenbedürfnisse befriedigen, selbst wenn sich diese mit der Zeit änderten. Sich einzugestehen, Fehler zu machen, sollten alle Profis auch tun.
Selbst stelle das Management fest, manchmal zu früh mit Investitionen dran zu sein, obwohl die Auswahl stimme. Generell sei Lebers Motto: gute Firmen würden Zeit brauchen. Auf Dauer verstärke sich oft in der Folge das Wachstum. Deshalb sei Beständigkeit neben der Zuverlässigkeit einer der wichtigsten Faktoren. Elementar für eine stabile Geldanlage seien zudem sogenannte „Mammut“-Dauerläufer. In diesem Zusammenhang erwähnte der geschäftsführende Gesellschafter der Acatis Firmen wie Berkshire Hathaway (ISIN: US0846707026), die Münchner Rück (DE0008430026), Microsoft (US5949181045) oder Novo Nordisk (DK0062498333). Dabei rechne sich die „Halten-und-liegen-lassen“-Strategie. Dennoch seien zumeist Titel der zweiten Reihe spannender. Die Zusammenstellung der Auswahl erfolge aber durch die Filterung der zukunftsträchtigsten Unternehmen der wesentlichsten Branchen.
Ein Feind von ETFs
Die Nachfrage des Börsen-Kurier, ob im Zuge überkaufter Märkte eine Cash-Quote aufgebaut werde, verneinte Leber: „Wir sind immer investiert.“ In den diversen Fonds-Depots befänden sich Aktien von insgesamt 50 Gesellschaften. Kein gutes Haar ließ dieser an ETF-Produkten. „Die gehören zu meinen Feinden. Denn sie machen unsere Arbeit der Selektion einfach nach.“
Ein aktueller Blick auf den thesaurierenden „Acatis Aktien Global Euro-Fonds A“ (DE0009781740) zeigt auf: Der Ausgabeaufschlag beträgt 5 %, die jährliche Gebühr 1,5 %. Während der vergangenen zwölf Monate stieg der Fonds um 16 %, im Dreijahresvergleich konnte er um 23 % zulegen.
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