Provisionen: „Werden Lösung finden“

In der Debatte suchen Standesvertreter Wege, „den Makler neu zu denken“.

Emanuel Lampert. Er hat über den Sommer einigen Staub aufgewirbelt: Der Entwurf der EU-Kommission für die Kleinanlegerstrategie („Retail Investment Strategy“, RIS) sieht, anders als erwartet, doch teilweise Provisionsverbote vor – der Börsen-Kurier berichtete. Das Thema nahm folglich im September breiten Raum beim diesjährigen „Expertentreffen“ des Fachverbands der Versicherungsmakler in Rust am See ein. Schließlich würde ein Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten greifen, wenn der Vermittler dem Kunden „mitteilt“, dass er ihn „unabhängig“ bzw. „ungebunden“ berät (der deutsche Text kennt beide Begriffe).

Die RIS würde freilich unionsweit gelten. Fachverbandsgeschäftsführer Erwin Gisch betonte aber: Nicht überall in der EU ist Makler gleich Makler. Das österreichische Maklerrecht zähle zu den strengeren und könne einem „Wahlrecht“ – unabhängige oder nicht unabhängige Beratung – entgegenstehen. Daher werde überlegt, wie man beide Regelungsbereiche so in Einklang bringen kann, dass heimische Makler gegebenenfalls trotzdem bei der Provision bleiben können.

„Wir suchen gerade Wege, den Makler neu zu denken“, sagte Fachverbandsobmann Christoph Berghammer und merkte an, dass das Maklergesetz nicht von Unabhängigkeit spreche. Nun gelte es, Begriffe zu klären und zu eruieren, was allenfalls zu ändern ist. Er wandte sich gegen „falsch verstandenen“ Konsumentenschutz, der am Ende der Wirtschaft schade, dem Konsumenten aber nichts bringe. Man sei aber „guter Dinge“, so Berghammer, „wir werden eine Lösung finden“.

Paul Carty, Vorsitzender des EU-Ausschusses der europäischen Versicherungsvermittler-Vereinigung Bipar, schnitt ebenfalls die Verschiedenheit der Märkte an. Wenn ein Staat ein Provisionsverbot wolle, könne er dies ohnehin auch jetzt schon einführen. Ein Marktversagen, das ein unionsweites Verbot rechtfertigen würde, ist für Carty nicht erkennbar. Die Vergütung per Provision sei bereits stark reguliert und transparent, die vorgeschlagenen Regeln so streng und komplex, dass sie zur Aufgabe des Provisionssystems führen könnten.

Ein Gutachten, das Univ.-Prof. Thomas Jaeger und Cornelia Lanser, Associate bei Haslinger/Nagele Rechtsanwälte, im Auftrag des Fachverbandes erstellt haben, bringt deutliche Zweifel an der Zulässigkeit eines Provisionsverbots zum Ausdruck. So ist etwa davon die Rede, dass „mangels eindeutiger Formulierung“ unklar sei, welche Vermittler vom Verbot erfasst wären. Das führe zu Rechtsunsicherheit und nähre Bedenken im Hinblick auf das Transparenz- und Bestimmtheitsgebot. Weiters wird darin der Standpunkt vertreten, „dass das partielle Provisionsverbot mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als unzulässiger Eingriff in die grenzüberschreitende Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zu qualifizieren ist“. Mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“ sei auch davon auszugehen, dass es „unverhältnismäßig“ ist.

Die Beratungen im EU-Ministerrat und im EU-Parlament sind bereits angelaufen und werden einige Zeit dauern. Sollte heuer keine finale Position des Rates zustande kommen, wäre auch eine längere Verzögerung denkbar. Denn im Juni 2024 finden nicht nur im dann amtierenden EU-Ratsvorsitzland Belgien Parlamentswahlen statt, sondern auch auf Unionsebene, und in den Monaten danach wird eine neue EU-Kommission zusammengestellt. Das könnte nicht nur den Zeitplan für die RIS beeinflussen, sondern auch deren Inhalt.

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